: A-Körbchen und B-Körbchen Von Claudia Kohlhase
Apropos Frauen: Woher wissen eigentlich Wesen, die niemals Körbchen trugen, ob bei ihnen überhaupt eine Frau vorliegt? Man kann ja innerlich stundenlang behaupten, eine zu sein. Aber dann kommt auf einmal die Körbchenfrage, und alles ist wieder offen.
Es soll ja Frauen geben, die fühlen sich einfach als solche, auch ohne A-, B- oder C-Körbchen bzw. BH; also egal ob eine Körbchennotwendigkeit vorliegt oder nicht. Für A-Körbchen-Frauen aber ist eine Dessous-Party eigentlich kein rechter Aufenthaltsort. Dennoch sind sie auf einmal da. Und während sie sich noch überlegen, wie sie eigentlich hergekommen sind, steht auch schon Manuela vor ihnen, zieht ihren Lederhosenrock stramm und verteilt Prospekte voll von Frauen, deren Lebenszweck der BH und sein passender Slip ist.
Natürlich nicht zu vergleichen mit Unterwäsche, sondern aus ausgesuchtem Polyamid und einer derartigen Rüschenkraft, daß einem Hören und Sehen vergeht und die Frage sich aufwirft, was man dazu für Haut tragen muß.
Aus dieser Gefahrenzone reißt uns die reizende Gastgeberin mit ihrem Eierdip, in den wir Gemüse stecken können, was Manuela vorwurfsvoll, aber in Kauf nimmt. Nachdem wir alle unsere erste Möhre verzehrt und die Finger abgewischt haben, richtet sich Manuela zu ihrer vollen Pumps-Größe auf.
Demnach beginnt erst jetzt, wie Manuela betont, die Dessous- Party, zu der sie uns herzlich begrüßt, und wir dürfen Manuela zu ihr sagen, aber nur heute. Und Gott behüte, daß Manuela noch einmal in unser Leben tritt, also da sind wir uns einig, daß wir morgen nicht wieder Manuela zu ihr sagen würden. Manuela endlich greift wie blind in ihr Ständervorkommen, hält uns den ersten BH entgegen, als wäre er ein Freund, und lobt zackig Merkmale, die sonst keiner gemerkt hätte, z.B. das Volumen der Körbchen für mehr Volumen und die ausgesprochene Champagnerfarbigkeit.
Das muß ein komischer Champagner sein, flüstert es durch die Runde, seit wann gibt es fleischfarbenen Champagner? Allen gruselt. Die beginnende Unruhe erstickt Manuela im Keim durch geballtes BH-Verteilen und den Hinweis, daß wir uns eben nicht auf einer Tupper-Party, sondern auf einer Dessous-Party befänden, was eine tolle Idee sei und direkt from Amerika käme und soundsoviele Frauen glücklich mache.
Bloß uns nicht. Die wir mit jeweils einem BH pro Kopf im Sofa versinken und uns Körbchengrößen zuraunen. Leider hat Manuela keine A-Körbchen dabei. Na, sollen wir eben B-Körbchen probieren und im Geiste die Differenz zu A abziehen und jetzt gefälligst mal irgend was davon anziehen.
Das einzige C-Körbchen unter uns huscht zum Gästeklo und windet sich dort unter den anfeuernden Rufen der feigen Meute und trotz störender Gästeseifenablage in den Body in Creamwhisky. Der aber zu kurz ist. Trotz dieses Fehlstarts probiert dann doch noch die halbe Runde das ein oder andere im Eheschlafzimmer der Gastgeberin, der Rest dippt.
Daß am Ende für fast 700 Mark gekauft wurde, zeugt von der massiven Kraft der Pflicht zum Reizenden. Und die werfe den ersten Slip, die von sich behauptet, sie sei ohne Reiz. Oder Verführbarkeit.
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