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„Wir stellen uns keine Skulptur vor“

Noch weiß niemand, ob das Denkmal für die Ermordung europäischer Juden ein Denkmal wird oder eine Gedenkstätte / Initiatoren berichten von „Schwierigkeiten mit dem Staat“  ■ Aus Berlin Thorsten Schmitz

Berlin (taz) – Bis gestern früh haben 1.078 Menschen den Ausschreibungstext für das Denkmal erhalten, das neben dem Brandenburger Tor an die Ermordung europäischer Juden erinnern soll. Gerechnet hatte Berlins Bausenator mit maximal 400 Interessenten.

Bereits vor acht Jahren entwickelten Lea Rosh, Direktorin des NDR-Landesfunkhauses in Hannover, und Eberhard Jäckel, Historiker, die Idee zu diesem Denkmal. In fast allen anderen europäischen Metropolen, berichtete Rosh gestern auf einer Pressekonferenz, gebe es zentrale Orte der Erinnerung. Nur nicht in Deutschland, dem Land der Täter.

Rosh, Mitinitiatorin eines Förderkreises, der seit sechs Jahren für das Denkmal antichambriert, sagte, es sei schwierig gewesen, „den Staat zu überzeugen“. „Wir haben nicht geahnt, daß es solange dauern würde“ – bis der Bund das zwei Hektar große Gelände und Geld zur Verfügung stellte.

Das Denkmal, an dessen Entstehung mittel- und unmittelbar knapp 80 Personen beteiligt sind, kann frühestens 1996 enthüllt werden und kostet schätzungsweise 16 Millionen Mark. Davon finanzieren die Hälfte Bund und Berlin, die anderen 8 Millionen muß – und will – der Förderverein zusammenkratzen. 120.000 Mark sind es inzwischen schon, und Lea Rosh erklärte: „Eine Mark tut's auch.“

Daimler Benz-Boß Edzard Reuter dementierte gestern Meldungen, wonach sein Konzern 8 Millionen Mark für das Denkmal spenden werde: „Das ist eine Ente.“ Er und Markus Bierich von der Robert Bosch GmbH würden vielmehr ihre Beziehungen und Kontakte nutzen, um „als Bürger“ für das Denkmal Geld zu sammeln. „Auch die Familie in Rottweil und die in Oldenburg“, so Reuter, sollten sich beteiligen. Er wolle kein von oben verordnetes und finanziertes Denkmal.

Auch zu dem Vorwurf, Daimler Benz wolle sich durch sein Denkmal-Engagement von seiner Zwangsarbeiter-Schuld reinwaschen, nahm Reuter Stellung. Bisher habe „in der Tat“ kein deutsches Unternehmen Entschädigungen gezahlt, weil die „Definition von Ansprüchen“ nicht geklärt sei. Deshalb habe Daimler Benz keine Zahlungen an Opfer oder deren Nachkommen gezahlt. Statt einzelne Personen zu entschädigen, habe der Konzern daher „nennenswerte“ Beträge an Institutionen im In- und Ausland überwiesen. An welche, verriet Reuter nicht.

Von den Wettbewerbsarbeiten macht die 15köpfige Jury abhängig, ob das Denkmal ein Denkmal oder eine Gedenkstätte mit „begehbaren Räumen“ wird. Lea Rosh korrigierte lediglich: „Wir stellen uns keine Skulptur vor und sagen dann: das isses.“ Rosh erklärte außerdem zum x-ten Mal, es sei keine Hierarchisierung von Opfergruppen, wenn das Denkmal nur an die Vernichtung von Juden erinnert. Der Mord an den Juden sei einzigartig gewesen: „Es war Hitler wichtiger, die Juden zu vernichten als den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen.“ Jede Opfergruppe, wie Sinti und Roma oder Homosexuelle oder Behinderte, hätte eine eigene Leidensgeschichte. Und die müßte mit einem eigenen Denkmal „erzählt“ werden.

Daß erst ein Förderverein für ein Denkmal streiten muß und bis heute kein Kohl auf diese Idee gekommen ist, braucht, so Rosh, „nicht kommentiert zu werden“.

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