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Erhards Preisfrage

■ Wieviel Millionen muß Hamburg beim Verkauf der Stahlwerke draufzahlen?

65 Millionen Mark? 90 Millionen? Oder doch 130 Millionen? In der kommenden Woche soll sich entscheiden, wieviel Geld Hamburg den Badischen Stahlwerken zahlen muß, damit diese die maroden Hamburger Stahlwerke (HSW) übernehmen. Nachdem der zweite Verhandlungspartner, die niedersächsische Preussag Stahl am Donnerstagabend abgewunken hat, ist das Unternehmen aus Kehl am Rhein der einzige Bewerber.

Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus jedenfalls gab sich nach der Preussag-Absage gestern optimistisch: Er gehe davon aus, „daß in Kürze eine grundsätzliche Übereinkunft mit den Badischen Stahlwerken erreicht werden kann“. Fragt sich nur, welchen Preis Hamburg für den Erhalt der 750 Arbeitsplätze zahlen muß. Die HSW stehen bei der Stadt mit rund 130 Millionen Mark in der Kreide. Rittershaus will nach Informationen der taz in den Verhandlungen erreichen, daß die Badischen Stahlwerke die Hälfte dieser Schulden übernehmen, Hamburg also nur auf rund 65 Millionen Mark sitzen bleibt.

Kann allerdings auch mehr werden. So befürchtete Statt-Fraktionschef Markus Wegner, der Rittershaus ins Amt gehievt hatte, noch vor zwei Wochen einen Verlust von mindestens 100 Millionen Mark. Nicht gerade ein Pappenstiel, der in den anstehenden Beratungen für den Stadt-Haushalt 1995 an anderer Stelle eingespart werden muß.

Platzen allerdings auch die Verhandlungen mit den Badischen Stahlwerken, dürfte es noch dicker kommen. Nachdem Senat und Bürgerschaft in den vergangenen Jahren die Kreditlinie für das Stahlwerk (damaliger Mitinhaber: der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Gerd Weiland) immer wieder erhöht hatten, müßte die Stadt bei einer Pleite des Unternehmens für die gesamten HSW-Schulden geradestehen. Keine allzu günstige Verhandlungsposition für Rittershaus, der gestern ohne Wenn und Aber konstatieren mußte: „Ohne einen starken industriellen Partner wären die HSW nicht überlebensfähig.“

Ob die Preussag das je werden wollte, ist durchaus fraglich. Das späte Njet der Niedersachsen deutet eher darauf, daß die Verhandlungen mit den HSW vor allem dazu dienten, die Landesregierung in Hannover unter Druck zu setzen, damit diese den jetzt von Preussag beschlossenen Bau eines Elektrostahlwerks in Peine möglichst freundlich begleitet. uex

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