: Baulärm und taube Ohren
■ Türkische MieterInnen in Huckelriede fühlen sich von der Bremischen verschaukelt
Den türkischen BewohnerInnen der ehemaligen Kaserne am Niedersachsendamm in Huckelriede ist der Geduldsfaden gerissen. „Es reicht uns jetzt, daß wir auf primitive Art und Weise verarscht werden“. Ihr Groll richtet sich gegen die Vermieterin ihrer Häuser, die „Bremische Gesellschaft für Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau“. Denn durch den Lärm von Neu- und Umbauten fühlen sich die BewohnerInnen extrem gestört, sie wissen nicht, wann sie umziehen müssen und klagen über fehlende Sicherheit auf dem Gelände – aber für ein Gespräch über all ihre Klagen sei die Bremische nicht bereit, meint Yasin Sakinc vom Mieterkomitee Niedersachsendamm.
Die ehemalige Kaserne hinter der Roland-Klinik war lange im Eigentum des Bundesvermögensamtes. Als klar war, daß das Gelände verkauft werden sollte, „haben die hier keinen Nagel mehr investiert“. Nun hat die Bremische die Gebäude übernommen, saniert sie von Grund auf und baut auf dem Gelände 280 neue Wohnungen. Der Lärm bei den Bau- und Sanierungsarbeiten ist brutal, sagen die BewohnerInnen: Morgens ab sieben werden auf mehreren Etagen die Preßlufthämmer angeworfen, auf Kinder oder Nachtarbeiter wird keine Rücksicht genommen. „Mit deutschen Mietern würde man nicht so umgehen“, meinen die Mieter, die alle aus der Türkei kommen. Von der Bremischen fühlen sie sich schlecht behandelt: Eine Einladung ließ die platzen, nach einem Besuch im Dezember änderte sich nichts, eine weitere Einladung ist bei der Bremischen nicht angekommen, heißt es von der Gesellschaft.
An die Bremische hat das Mieterkomitee konkrete Forderungen: regelmäßige Besuche am Niedersachsendamm, einen ständigen Ansprechpartner für das Mieterkomitee bei der Gesellschaft, einen Hausmeister, der immer da ist, bessere Beleuchtung auf dem Gelände, Klingelanlagen an den Türen, Einblick in Bau- und Umzugspläne, Ersatz für die Parkplätze, die durch die Bauarbeiten verloren gegangen sind, Rücksicht auf die BewohnerInnen bei den Arbeiten. Vor allem Klingeln und Türschlösser sind ihnen wichtig. Nach den Mordanschlägen von Mölln und Solingen hatte die Bremische neue Schlösser und Feuerlöscher montieren lassen, doch eine Klingelanlage fehlt nach wie vor. Wer unangemeldet kommt, steht vor verschlossenen Türen. „Letztens hat eine Frau den Krankenwagen gerufen, aber der Arzt kam nicht rein“, erzählen die Komiteemitglieder.
Dieter Cordes von der Bremischen wehrt sich gegen den Vorwurf, die Ängste der BewohnerInnen nicht ernst zu nehmen. „Wir haben Sofortmaßnahmen ergriffen, aber die Wohnungen haben immer noch keinen hohen Standard. Es gibt keine Klingelanlage, weil wir die Häuser gerade alle sanieren und dabei die Grundrisse verändern. Wenn wir für einige tausend Mark jetzt Klingelanlagen einbauen, müssen wir die gleich wieder rausreißen.“ Das sei auch mit dem Komitee im Dezember bei einem Besuch geklärt worden. An den Planungen werden die MieterInnen nach seiner Auskunft bisher nicht beteiligt, weil die Baupläne noch nicht so weit sind. „Wir reden mit den Mietern, wenn wir etwas Konkretes sagen können, wer wann wohin umziehen kann“, meint Cordes. Im Herbst soll der erste Neubau fertig sein, dann können die Umzüge beginnen. „Bis dahin müssen die Mieter mit den Komforteinbußen zurechtkommen.“
Das wollen die aber nicht so hinnehmen. „Wenn nichts mehr hilft, werden wir die Baustelle blockieren“, heißt es von den Vertretern der insgesamt etwa 700 türkischen MieterInnen. bpo
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