: Privatisierung der Musikschulen vom Tisch?
■ Arbeitsgruppe soll ab kommenden Montag konsensfähiges Konzept erarbeiten
Demonstration mit Pauken und Trompeten: Rund 200 Schüler und Mitarbeiter von Berliner Musikschulen musizierten gestern mittag vor der Senatsjugendverwaltung. „Wir wollen Senator Krüger den Rücken stärken für die Verhandlungen gegen eine Privatisierung der Musikschulen“, verkündete Dorothee Becker-Niederstucke von der Fachgruppe Musik der IG Medien. Auf Transparenten stand: „Wer musiziert, wirft keine Steine“ oder „Musik für alle – Senat privat“. Lautstark kündeten Trompeten, Geigen und Querflöten vom „Final Countdown“, und im Chor sang man fast trotzig „Viva la musica“. Eine Stunde dauerte das Ständchen für Senator Krüger, der den Protestlern kämpferisch entgegenrief: „Mit mir wird es keine Privatisierung geben!“ Schließlich sei die Privatisierung noch keine beschlossene Sache, und wenn es Einsparungen gebe, dann nur in der Verwaltung.
Was die Demonstranten nicht wußten: Die Privatisierungspläne scheinen weitgehend vom Tisch zu sein. „Zur Debatte steht jetzt die Einsparung von 28 bis 35 Stellen“, erklärt Kristian Kober vom Bereich Musikschulen bei der Senatsjugendverwaltung. Da aber das Lehr- und Veranstaltungsangebot nicht angetastet werden solle, schlage der Jugendsenator vor, nur noch eine zentrale Verwaltung für alle Musikschulen einzurichten, während die Unterrichtsstätten in den Bezirken weiterexistieren sollen. Diesen Plan stellte Senator Krüger gestern den Bildungsstadträten und MusikschulleiterInnen vor, um „über das Für und Wider zu diskutieren“ – und stieß prompt auf Widerstand.
Die Privatisierung sei sowieso unsinnig, aber auch die Zentralisierung der Verwaltung sei „nicht praktikabel“, kritisiert Christian Höppner, Leiter der Musikschule Wilmersdorf und Vorsitzender des Musikschulbeirats. Die Berliner Musikschulen würden sich unmittelbar an den kulturellen Bedürfnissen im Bezirk orientieren. Zentralisierung führe aber zwangsläufig zu einem Mehr an Anonymität. „Wenn die Zentrale zur Anmeldung irgendwo jwd liegt, erhöht das die Schwellenangst der Jugendlichen, die sowieso schon Probleme haben, in so eine Musikschule zu kommen.“
Um nun doch noch ein konsensfähiges Konzept als Senatsvorlage zu erarbeiten, wurde gestern eine Arbeitsgruppe aus einem Mitarbeiter der Jugendsenatsverwaltung, zwei Musikschulleitern, zwei Bezirksstadträten und einem Mitglied des Musikschulbeirats gebildet, die bereits Montag ihre Arbeit aufnimmt. „Denn jetzt“, so Kristian Kober, „muß es schnell gehen, vor der Sommerpause muß das Thema Musikschulen erledigt sein.“ Judith Gampl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen