: Wird Bremerhaven untergebuttert?
■ Streit um verfassungsändernde Mehrheit im Bremer Parlament
Ein Gesetz zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen steht in dieser Woche im Mittelpunkt der Beratungen der Bremischen Bürgerschaft und ein „politisches Gewitter“ kündigt sich an. Den Abgeordneten liegt in zweiter Lesung ein Antrag des nichtständigen Ausschusses zur Reform der Landesverfassung vor, nach dem Verfassungsänderungen nicht nur durch einen Volksentscheid, sondern auch mit Zweidrittelmehrheit im Parlament beschlossen werden können. Bislang sind Änderungen der Landesverfassung nur durch einstimmigen Paralmentsbeschluß oder Volksentscheid möglich. Ausgenommen von der neuen Regelung sind lediglich alle die Stadtgemeinde Bremerhaven betreffenden Artikel der Landesverfassung.
Dagegen regt sich heftiger Widerstand vor allem in der SPD. „Uns ist das zuwenig“, erklärte der Bremerhavener Abgeordnete Wilfried Töpfer. Die Bremerhavener stellen20 von 100 Abgeordneten und sehen sich in der Gefahr, durch einfache Zweidrittelmehrheit (67 Abgeordnete) künftig „untergebuttert“ zu werden. Töpfer will ein Fünfsechstel-Quorum für verfassungsändernde Gesetze (84 Abgeordnete), sonst „werden wir dagegen stimmen“.
Auch die „kleinen“ Regierungsparteien haben sich noch nicht festgelegt. In der Fraktion der Grünen gibt es eine Mehrheit für das verfassungsändernde Gesetz, aber keine Einstimmigkeit. Auch die FDP hat noch keine klare Linie. Neben der vom Parlamentsausschuß vorgelegten Variante werde gegenwärtig noch ein durchgehendes Fünfsechstelquorum diskutiert, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Harald Neujahr. Allein die CDU will der Verfassungsänderung zustimmen, kündigte CDU-Fraktionschef Peter Kudella an. Denn die Ausnahmeregelung für Bremerhaven kommt als Kompromißvorschlag aus ihren Reihen. Heute wollen sich die Fraktionen von SPD und FDP diesen Tagesordungspunkt „noch einmal zur Brust nehmen“ (Neujahr).
Die Zeit drängt: Weil die Abgeordneten der DVU-Gruppe die Verfassungsänderung blockieren wollen, muß nach der jetzigen Verfassung auf jeden Fall ein Volksentscheid herbeigeführt werden. Die soll der parallel zur Bundestagswahl durchgeführt werden.
Markus Daschner, dpa
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