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■ Cash & CrashVerkehrsregeln für Derivate

Berlin (taz) – Auf den Finanzmärkten ist die größte Wachstumsindustrie der Handel mit Derivaten. Geschätzte 16 Billionen Dollar stecken in diesen Wertpapieren. Zu den Derivaten gehören etwa Futures: Ein Käufer vereinbart den Kauf von Yen oder IBM-Aktien oder Schweinehälften zu einem bestimmten Termin und zu einem bestimmten Preis. Damit kann er sich gegen künftige Preis- oder Währungsschwankungen absichern.

Der Käufer von Optionen kann entscheiden, ob er das Recht, Wertpapiere oder Rohstoffe zu einem späteren Termin zu kaufen, ausüben will oder nicht.

Letzte Grundform der Derivate sind die Swaps, also der Tausch von Wertpapieren mit unterschiedlicher Verzinsung oder Währung.

Viel mehr noch als zur Absicherung gegen Preisschwankungen werden Derivate zur Spekulation benutzt. Verteuert sich eine Aktie von, sagen wir, 500 auf 510 DM, so mag der Preis der Option auf diese Aktie ebenfalls um 10 DM von 100 auf 110 DM steigen. Somit ist der Gewinn bei dem Optionsschein (in diesem Fall zehn Prozent) viel höher als bei der Aktie (zwei Prozent) – desgleichen kann aber auch der Verlust gigantisch sein.

Die Angst vor diesen Verlusten treibt nun die Finanzaufseher um. Das Beispiel der Metallgesellschaft, die mit Öl-Termingeschäften 1,4 Milliarden Dollar verlor, oder des Waschmittelkonzerns Procter & Gamble, der mit Wetten auf die Zinsentwicklung 102 Millionen Dollar in den Sand setzte, jagte vielen einen Schrecken ein. Einen weltweiten Finanzkollaps befürchten manche, wenn sich etwa eine große Bank mit solchen Derivaten verspekuliert. Denn diese Geschäfte sind weltweit extrem vernetzt, die Summen sind gigantisch, die Hebelwirkung ist enorm, Geschäftspartner wären noch lange danach, nämlich wenn die Kontrakte fällig werden, betroffen.

Heute will das General Accounting Office des US-Kongresses eine Studie über die Gefahren durch den Derivate-Handel vorlegen. US-Abgeordnete überlegen, den Geldhäusern, die mit Derivaten handeln, strengere Auflagen bezüglich der Kapitalrückstellungen zu machen. Ein eigener Aufseher soll eingesetzt werden, an den alle größeren Deals mit Derivaten gemeldet werden müssen. Sogar an eine spezielle Steuer auf Derivate denken manche, um den Handel einzuschränken.

Doch viele Finanzexperten wiegeln ab. Die Geschäfte seien lange nicht so gefährlich wie befürchtet; schließlich sind Derivate auch bestens zur Risikoabsicherung geeignet. Man müsse nur die Regeln besser beherrschen lernen. Sinnvoll sei allenfalls, die Unternehmen zu einer stärkeren Offenlegung ihrer Deals zu zwingen. Dann würden die Investoren schon darauf achten, daß keine allzu riskanten Geschäfte gemacht werden. Die britische Zeitschrift The Economist gesteht zwar ein, daß Derivat-Geschäfte oft kompliziert bis undurchschaubar seien. Doch dasselbe gelte für moderne Automotoren – und trotzdem benutze niemand dieses Argument, um mehr Ampeln zu fordern. Nicola Liebert

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