piwik no script img

Winzige „Dragulas“ plagen Berliner

■ Warme Frühlingsluft brachte Millionen von Stechmücken zum Schwärmen

Die Berliner werden derzeit kräftig gepiesackt. Eine wahre Mückenplage macht selbst jenen zu schaffen, die sich normalerweise nicht von den winzigen „Dragulas“ aus der Ruhe bringen lassen. In den letzten Wochen sind die lästigen Zeitgenossen zuhauf geschlüpft und stürzen sich gierig auf ihre Opfer. Besonders geplagt sind Kleingärtner und Datschenbesitzer in Wald- und Wassernähe, die es selbst an lauen Mai-Abenden vorziehen, in der Stube zu sitzen.

Schuld an dem massenhaften Auftreten der Blutsauger ist das warme Frühlingswetter nach reichlich Regen- und Schneeschauern im Winter, die den Grundwasserstand haben ansteigen lassen. „Je wärmer und feuchter es ist, desto besser entwickeln sich die Larven“, erläutert Insekten-Experte Dr. Hubert Schumann vom Berliner Naturkundemuseum.

Die „Mückenwerdung“ vollzieht sich wie folgt: Die Plagegeister legen ihre Eier bereits in den Sommer- und Herbstmonaten in Bodenvertiefungen, immer in der „klugen Voraussicht“, daß dort im nächsten Jahr Wasser ist. Nämlich nur im feuchten Element schlüpft aus der Larve die „dicke“ Mücke. Ein Trost für die Hauptstädter: Von den insgesamt etwa 48.000 Arten surren durch Berlin und Umgebung nur etwa 30.

Den bis an die Fußsohle zerstochenen Opfern ist es allerdings egal, ob sich eine Culex pipiens oder eine Aedes-Art an ihrem Blut labt. Mit allen Mitteln, ob mit zum Himmel stinkenden Einreibungen oder Rauchen, versuchen sie die Monster zu vertreiben. Doch Vorsicht bei der Mückenjagd mit „chemischen Keulen“! Besonders gefährlich stuft das Umweltbundesamt Schädlingsbekämpfungsmittel ein, die auf der Wirkstoffgruppe der Pyrethroide basieren.

Werbewirksame Begriffe wie „naturidentisch“ oder „Bio“ verharmlosen nach Angaben der Umweltschützer die nachteiligen Auswirkungen, die das Insektengift bei bedenkenlosem und unsachgemäßem Gebrauch für Mensch, Haustier und nützliche Insekten haben kann. Es unterscheidet nicht, ob es sich um Zellen einer Stechmücke oder eines Marienkäfers handelt. Beim Menschen können die Killer Reizungen der Schleimhäute, Augen und Atemwege sowie Kopfschmerzen und Benommenheit hervorrufen.

Einfache, aber wirkungsvolle Mittel sind immer noch Fliegenklatsche und Leimbandfänger. Gazefenster sorgen dafür, daß die ungeladenen Gäste gar nicht erst ins Haus kommen. Wenn sie einen dennoch erwischt haben, kann gegen den quälenden Juckreiz auch Essigwasser helfen. Dr. Ulrike Serfling von der Hautklinik der Charité rät: „Auf jeden Fall kühlen!“ Gels mit kühlenden und antiallergischen Effekten könnten vom Hautarzt verschrieben werden. Daß Mücken eine Vorliebe für Frauen und „süßes Blut“ haben, konnte sie nicht bestätigen, wenngleich die Tierchen zarte Haut bevorzugten. Annette Kurth (ADN)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen