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Eine unendliche Geschichte: Der § 218

In der kommenden Woche will der Bundestag das neue Abtreibungsrecht verabschieden / Heute tagt ein letztes Mal der Sonderausschuß „Schutz des ungeborenen Lebens“  ■ Aus Bonn Myriam Schönecker

Bonn (taz) – Im Schatten der telegenen Debatten im Bundestagsplenum geht heute, mehr oder weniger unbeachtet von der Öffentlichkeit, eines der wenigen großen Gesetzesvorhaben vor der parlamentarischen Sommerpause in seine letzten Runden. Im Sonderausschuß „Schutz des ungeborenen Lebens“ fällt heute mittag die Vorentscheidung über das neue Abtreibungsrecht. Denn auf der Tagesordnung steht die Abstimmung über die zwei Gesetzentwürfe inklusive ihrer Änderungsanträge von Koalition und SPD zum neuen 218. Dabei wird sehr wahrscheinlich der Entwurf der CDU/FDP mit den Stimmen der Koalition im Ausschuß angenommen werden. Noch am Montag fand ein letztes Vermittlungsgespräch der Fraktionsspitzen statt. Das Ergebnis: null Annäherung. „Die Standpunkte waren sehr weit auseinander“, resümierte die Verhandlungsführerin der SPD, Inge Wettig-Danielmeier, gegenüber der taz. Vor zwei Jahren sah das anders aus.

Rückblende: Nachdem mit der deutschen Vereinigung Handlungsbedarf zum Paragraphen 218 bestand (im Osten galt weiterhin die DDR-Fristenregelung), verabschiedete im Juli 1992 der Bundestag den sogenannten fraktionsübergreifenden „Gruppenantrag“, der eine Fristenregelung mit Beratungspflicht vorsah. Diesem jedoch wurde knapp ein Jahr später die rote Karte gezeigt: Am 28. Mai 1993 erklärte das Bundesverfassungsgericht den parlamentarischen Abtreibungskompromiß für teilweise verfassungswidrig. Zwar bestätigte es den Kern, nämlich die Straffreiheit des Abbruchs unter Bedingungen, fand aber – verkürzt – drei Steine des Anstoßes: Zum einen beanstandete es die Krankenkassen-Finanzierung des Abbruchs selbst (die Finanzierung ärztlicher Leistungen vor und nach der Operation blieb gestattet), Ausnahmeregelungen sollten bei bedürftigen Frauen gelten. Zum anderen schrieb das Gericht strengere Kriterien der Pflichtberatung vor, und schließlich forderten die acht Karlsruher RichterInnen eine zusätzliche Strafbewehrung des sogenannten familiären Umfeldes der Schwangeren, also von Eltern bis zum Kindsvater.

Nach dem Karlsruher Urteil war es mit der Großen Koalition beim 218 vorbei. Seither sind Finanzierung, Beratungsregeln und Bestrafung des familiären Umfeldes auch die drei Hauptdissenspunkte zwischen Koalition und SPD. Das Vermittlungsgespräch zwischen den Verhandlungsführerinnen am Montag scheiterte schon an der Finanzierungsfrage: Während der Koalitionsentwurf für bedürftige Frauen die Erstattung via Sozialhilfe vorsieht, sehen die Sozialdemokraten dabei die Anonymität der Frau gefährdet. Ihr Entwurf fordert deshalb ein eigenes Leistungsgesetz. Demnach soll auch der Abbruch über die Krankenkassen laufen, die die Kosten dann vom Bund zurückerstattet bekommen. Bei der Bestrafung des familiären Umfeldes und beim Thema Beratung bleibt es bei den alten Fronten: So betont der SPD- Entwurf den Informationscharakter der Pflichtberatung, während der Koalitions-Entwurf sehr genau die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt – übererfüllt, wie Kritiker meinen.

Die SPD werde nicht nur im Ausschuß gegen den Koalitionsentwurf stimmen, sondern auch im Bundestagsplenum am Donnerstag nächster Woche und in der Bundesrats-Abstimmung am 6. Juni, bestätigten die Sozialdemokratinnen Ulla Schmidt und Inge Wettig-Danielmeier gegenüber der taz. In diesem Falle würde der Vermittlungsausschuß angerufen werden – und das Abtreibungsrecht bliebe bis nach der Sommerpause ungeregelt.

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