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Blödester populistischer Standard -betr.: "–Wir drei' gegen den Ampel-Apparat", taz vom 17.5.94

Betr.: „–Wir drei– gegen den Ampel-Apparat“, taz v. 17.5.

Man nehme eine Portion der blödesten populistischen Standards, die da wären: 1. Alle sollen mitreden und beteiligt sein, 2. der öffentliche Dienst ist eh' zu aufgebläht und ineffektiv und 3. das Parlament ist zu groß, vor allem weil die Parlamentarier doch nur absahnen wollen.

Hinter solchen Floskeln läßt sich jeder Zeit ein Haufen selbstbezogener Querulanten sammeln. Nun ist sicher an allen Aussagen etwas dran, aber um dieses Etwas ernst zu nehmen, müssen die Alternativen klar sein.

zu 1. Die Politik leidet doch viel eher daran, daß es zuviele Interessen sind, die an jeder Entscheidung mitzerren und mitreden können. So ist es sicher diskussionswürdig, über die Abschaffung der Stadtbürgerschaft zugunsten von 4 bis 5 Bezirksparlamenten zu reden, was nicht billiger, aber dezentraler wäre, nur darauf können sich die „drei“ nicht verständigen, denn dann wären es nur noch „zwei“.

zu 2. Der öffentliche Dienst in Bremen ist unverhältnismäßig aufgebläht, aber an vielen Stellen fehlen dennoch Leute, während an anderer Stelle sie eher Arbeit verursachen als erledigen. Nur wenn man nahelegt den öffentlichen Dienst zu halbieren, sollte wenigstens in einem Halbsatz gesagt werden, was mit 20.000 neuen Arbeitslosen geschehen soll, und wenn von Effektivierung die Rede ist, solltet Ihr wenigstens denn Mut haben, entsprechende Änderungen im Personalvertretungsgesetz vorzuschlagen. Oder wäre es dann nur noch „einer“?

zu 3. Die Bürgerschaft soll halbiert werden. Ganz basisdemokratisch heißt das, in Bremerhaven müßte eine Partei 10 Prozent der Stimmen erreichen, um überhaupt im Landesparlament vertreten zu sein, oder das interessiert Euch nicht, weil Ihr unter der Hand das Bundesland Bremen eh' abgeschafft habt, nur den Mut, dies zu sagen, findet Ihr nicht. Oder wäret Ihr „drei“ dann nicht einmal mehr „einer“? Peter Rüdel

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