: CDU will Hassemer ein Schloß aufdrängen
■ CDU-Fraktion fordert Rekonstruktion der Schloßfassade Stadtentwicklungssenator Hassemer: „Nutzung wichtiger“
Die Ergebnisse zum Spreeinselwettbewerb waren kaum bekannt, da witterten die Schloßbefürtworter in der CDU-Fraktion erneut ihre Chance. Am Dienstag beschlossen die Abgeordneten, daß zumindest die Fassade des Schlüter-Baus bei der Verwirklichung des ersten wie auch des zweiten Preises wiederhergestellt werden sollte. Denn sowohl die Vorstellungen des Gewinners Bernd Niebuhr wie auch des zweitplazierten Dreiergespanns Torsten Krüger, Christiane Schuberth und Bertram Vandreike berücksichtigen die Grundrisse des zerstörten Schlosses, meinte der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Volker Liepelt, gestern gegenüber der taz.
Die Folgerungen aus der Geisterdebatte – eine Realisierung der städtebaulichen Wettbewerbsentwürfe ist mangels Geld ohnehin nicht zu erwarten – galten in erster Linie dem Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer.
Diesem, CDU-Politiker und seit jeher kein Anhänger der Schloßidee, wurde nun noch einmal der Wille der Fraktion mit auf den Weg gegeben. Hassemer, der an der Sitzung nur kurz teilgenommen hatte, wollte von einer weiteren Isolierung seiner Person innerhalb der Fraktion nichts wissen. Er bemühte sich gestern am Rande der Debatte über die städtebauliche Situation der Spreeinsel im Abgeordnetenhaus, das Thema herunterzuspielen.
Als einer der Bausteine sei die frühere Bedeutung des Schlosses schon bei der Ausschreibung des Wettbewerbs festgelegt worden. Beim Thema Fassade, so meinte Hassemer gestern gegenüber der taz, bleibe er nach wie vor anderer Ansicht als seine Fraktion. Ohnehin stelle sich das Thema „in den nächsten fünf Jahren überhaupt nicht“. Viel wichtiger sei für ihn die Diskussion, wie ein Gebäude am Platz künftig genutzt werden könnte.
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Rainer B. Giesel, versteckte die Kritik an seinem Kollegen hinter einer Aufforderung an die Regierung. „Der Senat“, so formulierte der Schloßbefürworter, „hat es verabsäumt, ausreichende und klare Vorgaben für die Mitte zu machen“. Von seinem Kollegen Hassemer erwarte er nun, daß er sich „nicht in Widerspruch zur Fraktionsmeinung“ setze.
Und die scheint eindeutig. Von den 100 CDU-Abgeordneten seien nur „eine Handvoll“ gegen die Berücksichtigung des Schloßgrundrisses und die Wiederherstellung der ursprünglichen Fassade, versicherte der parlamentarische Geschäftsführer Liepelt.
Für den kulturpolitischen Sprecher der CDU, Uwe Lehmann- Brauns, ist die Wiederherstellung der Schloßfassade kein „Zeichen von Nostalgie“, sondern ein „notwendiges Gegengewicht“ zu den Neubauten in Mitte. Die Geschichte der Stadt müsse für den Betrachter an ihren Bauwerken „ablesbar“ sein. Es dürfe nicht sein, daß die von Vertretern einer „totalitären Diktatur“ zu verantwortenden Bauten aus DDR-Zeiten das Bild im Zentrum der Stadt weiter bestimmten.
Hassemer war die Diskussion um Für oder Wider der Fassade sichtlich leid. Er habe keine Lust mehr, „Jahr für Jahr die immergleichen Sätze zu sagen“. Einen offenen Konflikt innerhalb der Fraktion wollte er nicht ausmachen. „Die Fraktion hat ihre Meinung, und ich habe die meinige. Wir werden auch in Zukunft Wege finden, uns gegenseitig zu helfen.“ Severin Weiland
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