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Vom Frieden ist kaum noch die Rede

■ Die paramilitärischen Organisationen Nordirlands verstärken ihre Aktivitäten

Dublin (taz) – Kaum ist in Nordirland die Rede von einem Waffenstillstand, reagieren die paramilitärischen Organisationen schon mit neuen Gewaltakten. So auch vorgestern, als nach dem Bekanntwerden von Geheimgesprächen zwischen protestantischen Politikern und Loyalisten am Belfaster Rathaus eine Bombe hochging. Die Wucht der Explosion fegte zwei Arbeiter von einem Baugerüst – sie erlitten schwere Verletzungen. Der Anschlag galt dem Büro von Sinn Féin, dem politischen Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), in das die Partei erst vor einer Woche gezogen war.

Noch am Freitag war darüber spekuliert worden, daß die Loyalisten, die militant für den Verbleib Nordirlands im Vereinigten Königreich eintreten, binnen weniger Tage – zumindest vorübergehend – die Waffen niederlegen würden. Einen Tag später schon erschoß die „Ulster Volunteer Force“ (UVF) einen Mann in einer Dubliner Kneipe. Die andere loyalistische Organisation – die ebenfalls illegale „Ulster Defence Association“ (UDA) – hatte bereits im November 1991 erklärt, daß sie in Dublin zuschlagen werde: Damit solle „den Menschen in Südirland klargemacht werden, daß ein Preis für den Anspruch auf Nordirland gezahlt werden“ müsse.

In einer Presse-Erklärung vom Montag wies das „Vereinte loyalistische Militärkommando“, in dem die diversen loyalistischen Gruppen zusammengefaßt sind, noch einmal die Spekulationen über einen Waffenstillstand zurück. Solange „Nordirland und sein Volk bedroht“ seien, werde sich an der loyalistischen Taktik nichts ändern.

Aber auch die IRA wählt inzwischen immer „weichere“ Angriffsziele, von denen keine Gegenwehr zu erwarten ist. Am Montag erschoß sie den 19jährigen Kaufhausangestellten Nigel Smyth in der Belfaster Innenstadt, weil er früher für kurze Zeit britischer Soldat war. Der gleichaltrige Reginald McCallum, Soldat im britischen „Royal Irish Regiment“, war in der Nacht zuvor an einer Würstchenbude gekidnappt, stundenlang verhört und schließlich erschossen worden. Und vor elf Tagen hat die IRA einen 39jährigen mit seinem Auto in die Luft gesprengt, weil er ein „Kollaborateur“ war: Er hatte als Putzmann in einem Polizeirevier gearbeitet. Seine dreijährige Tochter, die hinter ihm im Auto saß, ist am Wochenende aus dem Koma erwacht und wird wohl überleben. Von „Friedensinitiativen“ in Nordirland wird zur Zeit kaum noch gesprochen. Ralf Sotscheck

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