: Nur die Erwachsenen sollen buddeln dürfen
■ Friedrichshains einziger Abenteuerspielplatz soll Wohnungsbau weichen
Zwischen den Häuserzeilen, mitten im eng besiedelten Bezirk Friedrichshain, tauchen plötzlich Lehmhütten auf. Klettergerüste, eine Seilbahn quer über das Gelände sowie eine Cross-Strecke für Mountainbikes zeigen, hier spielen Kinder. Mitten in der Betonwüste an der Kreuziger Straße, Ecke Boxhagener Straße haben Anwohner eine kleine Nische geschaffen und einen betreuten Abenteuerspielplatz verwirklicht. Doch die Idylle ist gefährdet.
Bis zum 30. Mai soll der einzige Abenteuerspielplatz in Friedrichshain geschlossen, spätestens bis zum 30. Juni das Gelände geräumt sein. Statt Kinderstimmen wird bald Baulärm ertönen, denn der Bezirk hat das Grundstück an eine Wohnungsbaugesellschaft verkauft.
Doch gerade die weitere Bebauung des Bezirkes wollten die Anwohner mit der Besetzung des Grundstückes im April 1990 verhindern. „Wir wollten das freistehende Gelände für die Kinder nutzen“, erzählt Knut Angermann vom Verein „Erster Abenteuerspielplatz Friedrichshain“. Auch dem Bezirk schien an dem entstandenen Spielplatz gelegen zu sein. In einem Beschluß der Bezirksverordnetenversammlung heißt es: „Bevor ein neuer Standort nicht gesichert ist, muß auf eine Bebauung (und deren Vorbereitung) auf der Freifläche verzichtet werden.“
Trotzdem wurde das Gelände verkauft, um behindertengerechte Sozialwohnungen zu bauen. „Wir haben überhaupt nichts gegen die Wohnungen, aber die können doch auch woanders gebaut werden. Hier werden die Schwachen wieder gegeneinander ausgespielt“, erzürnt sich Knut Angermann. Auch der PDS-Fraktionsvorsitzende von Friedrichshain, Andre Novak, bemängelt die Haltung des Bezirkes. „Es ist nie geprüft worden, ob man einen Wohnungstausch machen oder dem Investor ein anderes Grundstück anbieten könnte“, sagt er.
Auch ein alternativer Standort für den Abenteuerspielplatz ist nicht in Sicht. Ein mögliches Gelände in der Jessner Straße ist erst im Investitionsplan für 1998 vorgesehen, außerdem sind dort die Eigentumsverhältnisse noch nicht geklärt. Die Kinder stehen jedoch schon im Juni wieder auf der Straße. „Eine Ersatzfläche für einen Abenteuerspielplatz dieser Art werden wir momentan nicht anbieten können“, erklärt Frank Wilde, Bezirksstadtrat für Jugend und Familie in Friedrichshain. Sein Ziel sei es, nachdem die Eigentumsfrage geklärt ist, das Grundstück in der Jessner Straße zumindest provisorisch zu nutzen. Doch für die InitiatorInnen des Spielplatzes ist dies keine Alternative, weil es über einen Kilometer vom jetzigen Standort entfernt ist. „Wir haben hier unsere Stammkinder. Die Jessner Straße wäre ein ganz anderer Einzugsbereich“, erklärt Knut Angermann.
Momentan ist der Spielplatz nicht nur von 12 bis 19 Uhr betreut, direkt daneben gibt es auch ein Kinderaktionscafé. Seit dem 15. April wird die Betreuung dort durch fünf ABM-Stellen garantiert, die eine Hausaufgabenbetreuung sowie eine Holz- und Fahrradwerkstatt ermöglichen.
Am 29. Mai will eine Feier unter dem Motto „Das letzte Kinderfest?“ noch einmal auf die Bedeutung des Spielplatzes hinweisen, um damit die Schließung vielleicht doch noch verhindern zu können. Hella Kloss
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen