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Kröning ein Kirchturmpolitiker?

■ Fücks gegen Kröning: Streit um Senatsposition zur Umland-Kooperation festklopfen

„Sehr geehrter Herr Kollege“, hat Bremens Stadtentwicklungssenator Ralf Fücks dieser Tage an den Finanzsenator Volker Kröning geschrieben, und nach dieser förmlichen Anrede kommen drei Seiten saftiger Ohrfeigen - verkleidet als gute Ratschläge, wie über die Kooperation mit Umlandgemeinden zu reden wäre. Eben nicht so, wie Kröning es auf der Tagung des Kommunalverbundes getan hatte (vgl. taz 7.5.). „Wer seitenlang die Interessen Bremens gegenüber den Nachbarn hervorkehrt, Kooperationsvorhaben in der Wohnungs- und Gewerbeflächenpolitik als ,Beschäftigungstherapie für Beamte' abqualifiziert und gerade mal drei knappe Sätze über Kooperationsmöglichkeiten verliert, darf sich nicht mißverstanden fühlen, wenn er Irrititation und Empörung erntet.“ Die Umland-Bürgermeister hatten sich heftig über Krönings Rede beschwert und Klarstellung gefordert (vgl. taz 6.5.)

Er wolle, kündigte Fücks an, zum Thema der Umlandkooperation „noch vor der Sommerpause“ mit einer Senatsvorlage die Position Bremens offiziell festklopfen.

Kröning hatte Zugeständnisse Bremens sowohl in der Gewerbeflächenpolitik wie in der Wohnungsbaupolitik abgelehnt und erklärt, angesichts der Finanzlage Bremens müßten die Umlandgemeinden selbst auf jeden Versuch verzichten, sich auf Kosten Bremens zu stärken. Nur gemeinsam mit Bremen könnte die Region gegenüber anderen Regionen wie Hamburg mithalten.

Im Kern widerspricht Fücks dem nicht. „Steuerverluste, die z.B. durch Einwohnerabwanderung das Oberzentrum schwächen, müssen vermieden werden“, schrieb er. Man müsse mit dem Instrument Kommunalverbund auch einer Tendenz „entgegenwirken“, die da heißt: Im Oberzentrum werden überproportional Massen- und Mietwohnungen gebaut, im Umland dagegen Einfamilienhaussiedlungen für Besserverdienende“. Bremen hat bisher auch Sozialhilfeempfänger aus dem Umland angezogen, das Umland dagegen die betuchten Steuerzahler. Es sei geplant, daß Umlandgemeinden mehr Sozialwohnungen bauen. „Von einer Förderung der Abwanderung bremischer Steuerbürger kann also keine Rede sein“, schrieb Fücks.

Fücks schlug gleichzeitig dem Finanzsenator vor, „der Frage nachzugehen, welche Entwicklungen z.B. in der Verkehrs- und Flächenpolitik gutverdienende Familien dazu motivieren, sich ein Haus im Grünen in der Nachbarschaft Bremens zu suchen...“ Rein finanzpolitisch, das hatte Kröning selbst vorgerechnet, ist es in der Tat unsinnig, Betriebe nach Bremen zu holen, wenn sich durch Verkehr und Zerstörung von Naherholungsgebieten dadurch die Wohnqualität verschlechtert: Ein gutverdienender Steuerzahler mit Wohnsitz in Bremen (der in Niedersachsen arbeitet) bringt soviel Steuern wie vier Bremer Arbeitsplätze für Leute, die in Niedersachsen wohnen.

Das andere Thema der bremisch-niedersächsischen Konkurrenz ist die Gewerbeansiedlung. Kröning hatte schroff erklärt, Bremen habe keinen einzigen Arbeitsplatz zu verschenken. Fücks lobt dagegen die vorsichtigen Gehversuche des Kommunalverbundes: Um die Gewerbeflächen-Konkurrenz zu verringern, hat der Kommunalverbund eine „gegenseitige Information über Ansiedlungsfälle und Richtpreise beim Flächenverkauf“ vereinbart. „In besonderen Fällen“ seien auch gemeinsame Gewerbegebiete denkbar, wenn es möglich sei, „Kosten und Einnahmen (auch Steuereinnahmen) fair zu teilen“. Da dies aber sehr schwierig ist, gibt es bisher kein gemeinsam erschlossenes Gewerbegebiet.

Bei der Großmärkte-Ansiedlung sollen „Leitlinien“ vermeiden, daß Stadtteile durch Großmärkte jenseits der Landesgrenze zerstört werden. Gerade plant Bremen an der Ritterhuder Heerstraße einen Großmarkt, der von den niedersächsischen Nachbarn als Provokation empfunden wird... K.W.

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