: Grenzwerte veraltet
■ Krebs-Forscher suchen neue Verfahren
Die Verfahren, mit denen Grenzwerte für krebserregenden Stoffe festgelegt werden, ist veraltet und bedarf einer kritischen Überprüfung. Dieser Meinung sind Wissenschaftler aus acht Länder, die am Wochenende im Bremer Innovations- und Technologiezentrum (BITZ) tagten. Man könne zwar noch keine Aussage darüber machen, in welchen Fällen die geltenden Grenzwerte zu niedrig oder zu hoch seien, aber „die derzeitige Festlegung basiert auf einen über 20 Jahren altes Verfahren“ so Werner Wosniok, Mathematiker aus Bremen.
Daß eine Überarbeitung und Aktualisierung notwendig ist, läge da auf der Hand, meinte Wosniok. Daran arbeitet die internationale Gruppe von Biologen, Physiker, Mediziner und Mathematiker seit 1990, Ziel ist die Erstellung einer Studie, die „das Verfahren der Beurteilung von krebserregenden Stoffe auf neuzeitlichen Füße stellen soll“, so Wosniok. Finanziert wird die Studie von einer zivilen Abeilung der Nato und dem Bundesumweltministerium.
Seit über vierig Jahren weiß man, daß Krebs eine Folge von mehreren Schädigungen an Zellen ist. In der traditionellen Methode der Festlegung von Grenzwerten wurde aber der dynamische Zellvermehrungsprozess nur begrenzt berücksichtigt. Das soll nun anders werden, denn „auch das Zusammenwirken von mehreren Stoffen verursacht Schäden,“ so Wosniok weiter. Dies habe man früher nicht für wichtig gehalten. Wieweit pragmatische Gründe bei der Umsetzung der Forschungsergebnisse den Ausschlag geben werden, hänge noch von der Brisanz der Resultate ab, formulierte der Wissenschaftler vorsichtig.
„Es gibt Fälle“, so Wosniok, „wo die gesetzlich vorgeschriebenen Werte höher liegen als eigentlich notwendig, weil eine genaue Bewertung bislang nicht möglich ist.“ Dies würden Großbetriebe mit hohem Schadstoffausstoß zum Anlaß für Klagen nehmen. Insgesamt sei jedoch auffällig, so Wosniok weiter, das „am Arbeitsplatz höhere Belastungen zugelassen sind, wie für die Normalbevölkerung.“ Die Maximale Arbeitsplatzkonzentration (mak-Werte) seien oft höher angesetzt als die allgemmeinen Grenzwerte. Dies hält der Wissenschaftler für unlogisch, denn, so Wosniok: „Wenn jemand auf einer Werft arbeitet, und tagtäglich mit Schwermetalle und Lösungsmitteln zu tun hat, heißt das nicht, daß er dagegen widerstandsfähiger ist.“ Luigi LaGrotta
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