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Hell's Devils

Mitfahrgelegenheit bei den Leibhaftigen  ■ Von Gabriele Goettle

Existentiell unberührt von der alltäglichen Gewalt bleiben vorerst noch Einheimische mit besserer Klassenlage, es sei denn, jemand verirrt sich durch einen unglücklichen Zufall und gerät mitten hinein in einen Alptraum, so wie jene Kunststudentin, die mir vor einiger Zeit folgende Geschichte erzählte:

Ich war mit einem Kommilitonen auf der Kunstmesse in Basel. Auf der Rückfahrt, kurz nach der Grenze, blieb seine alte Ente mit Motorschaden liegen, und da ich dringend nach Hause mußte, aber kaum noch Geld hatte, beschloß ich, per Anhalter zu fahren. Es war bereits später Nachmittag, anfangs kam ich ganz gut vorwärts, doch je später es wurde, um so weniger Glück hatte ich. Die meisten wollten nur bis zur nächsten Ausfahrt, ins übernächste Dorf, die Jugend zur Disko. Ein Pendler, ein älterer Mann, setzte mich bei einbrechender Dunkelheit an einer Tankstelle mit Raststätte ab, ich hoffte, von da aus weiterzukommen, jedenfalls freute ich mich, nicht an irgendeiner Auffahrt stehen zu müssen. Ich zog mir einen Becher Kaffee, wartete, rauchte eine Zigarette und wurde allmählich etwas müde. Zwei Stunden ging ich auf und ab, keiner der Tankenden fuhr Richtung München. Als ich gerade damit anfing, mir ernsthaft Sorgen zu machen, sprach mich ein junger Mann an und fragte mitfühlend: „Hast wohl kein Glück, was?“ Zuerst dachte ich, er sei auch ein Anhalter, dann sah ich ihn aber zur Zapfsäule gehen und den Schlauch aus der Tanköffnung eines großen weißen Transporters nehmen. „Wo willste denn hin?“ fragte er, und ich erklärte, daß ich im Prinzip nach München oder zumindest Richtung München wolle. „Wenn du mitwillst, setz dich ruhig schon rein, ich beiß' nicht und fahre fast bis hin“, sagte er zu meiner Freude, grinste und fügte hinzu: „Ich muß nur noch schnell zahlen.“ Ich sah ihm nach, eben begrüßte er eine Art Tankwart mit einer kleinen Pantomime. Offenbar kannte man ihn hier. Sie schlugen die Handflächen aneinander und lachten. Dann verschwand er im Verkaufsraum, ein schlanker junger Mann in Jeans, mit dunklen Locken, der von hinten aussah wie mein Bruder.

Ich stieg sehr erleichtert ein. Es lag ziemlich viel Müll herum, und ich dachte mir, vielleicht irgendein Typ von einer Land-WG. Plötzlich wurde die Tür auf meiner Seite aufgerissen. Der, den ich für den Tankwart gehalten hatte, kletterte herein, warf sich auf die Bank neben mich und rief: „Rück rüber, Mädel, da will noch jemand sitzen!“ Er trug nun eine Basketballmütze mit der Aufschrift HELL'S DEVILS und eine Lederjacke, übersät mit Nieten und Aufnähern. Irgendwie war mir sein blasses, ausdrucksloses Gesicht spontan unsympathisch. Nun ging die Tür der Fahrerseite auf, der Lockige stieg ein, setzte sich hinters Steuer, lächelte mich an und sagte: „Schön, daß du mitfährst, das sind meine Kumpels, wir werden uns schon vertragen, was?“, und noch während er sprach, stieg ein dritter Mann ein, schon älter, etwas grauhaarig, die Arme voller Bierbüchsen. Mein Nebenmann rückte eng an mich heran, der Alte setzte sich, fast gleichzeitig schlugen er und der Lockige die Türen zu, und sofort fuhren wir los.

In diesem Moment, als die Türen ins Schoß fielen, so als seien die Männer gut aufeinander eingespielt, da wußte ich irgendwie: Das ist eine Falle. Und während ich noch überlegte, machte ich bereits den zweiten Fehler, denn ich hätte sagen sollen: „Halten Sie sofort an, ich steige aus!“, aber ich saß stumm da, wir scherten bereits aus der Ausfahrt auf die Autobahn hinaus. Während der Lockige hochschaltete, legte der Blasse den Arm um mich und sagte nahe an meinem Ohr: „Ein bißchen eng, was? Aber du wirst dich schon dran gewöhnen“, dann befingerte er mein Halskettchen. Ich wehrte ihn unzweideutig mit dem Ellbogen ab, er rief: „Ah, so eine ist das“, wandte sich plötzlich um, hämmerte mit der Faust gegen die Trennscheibe zum Laderaum und brüllte: „He, du Vieh, alles klar dahinten? Wir ham was für dich mitgebracht!“ Dann griff er nach meinem Haar und lachte höhnisch. Ich rutschte auf der Sitzbank nach vorne und zündete meine letzte Zigarette an, er ließ von mir ab, aber nun hatte ich permanent das Gefühl, von hinten durch die Scheibe hindurch angestarrt zu werden. Der Lockige kurbelte seine Fensterscheibe runter und kippte den vollen Aschenbecher hinaus, die frische Luft schien alle für einen Moment zu ernüchtern. Der Alte riß Bierbüchsen auf und reichte sie weiter, ich lehnte ab. Alle drei tranken in großen Zügen.

Als ich gerade dachte, mein Nebenmann hätte weitere plumpe Versuche nun aufgegeben, da faßte er schon wieder nach meinem Halskettchen und fragte: „Na, hat dir das dein Freund geschenkt, ja? Was hat er denn dafür gekriegt? Fickt er dich gut, na, treibt ihr's oft? Wie oft? Sag schon, biste geil auf ihn? Du machst es gern was, das seh ich doch?! Machst du's ihm mit dem Mund? Du schluckst wohl immer alles, geile Sau!“ Er faßte mir ins Gesicht, ich war wie versteinert, und er fuhr fort: „Du hast ja ganz heiße Backen, du, bist wohl geil auf mich, oder vielleicht auf uns alle? Komm, zieh das Hemd aus oder am besten gleich alles!“ Als er meine Knöpfe öffnen wollte, schlug ich seine Hand weg, dann faßte er mir zwischen die Beine, und während ich ihn unten abwehrte, griff er mir blitzschnell durch den Halsausschnitt grob an die Brüste, zog die Hand aber sofort wieder zurück und meldete dem Lockigen: „Knackige Titten, aber unten isse bestimmt schon etwas ausgeleiert“, woraufhin er an meinem Reißverschluß zu zerren begann. Ich schlug wild um mich, ließ die Zigarette fallen, Glutstückchen flogen umher, der Alte sagte irgendwas, sank dann aber wieder mit seiner Bierbüchse zurück in die Fensterecke. Der widerliche Blasse wühlte gebückt und fluchend im Müll zu seinen Füßen, um die Glut zu suchen, als er sich mir wieder nähern wollte, schrie ich ihn an: „Du tust das alles wohl nur, um deinem Chef zu imponieren!“ Zum Lockigen sagte ich: „Sie haben mich eingeladen mitzufahren, jetzt sorgen Sie gefälligst auch dafür, daß sich Ihr Freund nicht wie ein Schwein benimmt.“ Er schaute mich ohne jedes Mitgefühl an und brummte: „Das ist ja wie im Kindergarten!“, schnippte dann mit den Fingern, woraufhin ihm der Blasse sofort eine Zigarette reichte.

Ich weiß nicht, weshalb ich das sagte mit dem Chef, irgendwie hatte ich instinktiv das Gefühl, daß es da eine geheime Hierarchie gab und daß der Blasse um Beachtung buhlte beim Lockigen, während ich den Alten in seiner Ecke gar nicht einschätzen konnte. Mir kam vor, er war ohnehin schon zu betrunken, um für irgendwas oder -wen Partei zu ergreifen. Und dann gab es auch ein merkwürdiges Phänomen bei der Selbstbeobachtung: Am Anfang, als die Türen zuschlugen, hatte ich noch eine ziemlich klare und richtige Einschätzung der Situation, je mehr sich aber meine Befürchtungen bestätigten, verlor sich diese Klarheit. Je mehr sich die Dinge zuspitzten, um so mehr verlor ich den Überblick. Je berechtigter meine Panik wurde, um so weniger konnte ich adäquat reagieren. Dieser Mann nahm sich Unglaubliches gegen mich heraus, eben gerade, und im nächsten Moment fing ich an, die positiven Zeichen zu deuten, die gegen all das sprachen. Ich selbst wiegelte meinen Haß und meine Angst ab. Man lechzt nach jeder Illusion in so einer Lage.

„Ein bißchen Spaß muß sein!“ sagte der Lockige. „Du bist Studentin, richtig? Ich habe auch mal studiert, Maschinenbau.“ Er machte eine Pause, schon glaubte ich mich gerettet, sagte irgendwas Freundliches in der irrwitzigen Hoffnung, ihn auf meine Seite ziehen zu können, aber diese Art Konspiration mit dem Feind bringt Konflikte, man kann das Vorgefallene ja nicht auf sich beruhen

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lassen. Schon fuhr er fort: „Der Arsch dort versteht nichts von Studentinnen, verkehrt nur mit Fotzen, aber du, als kluge Frau, solltest doch wissen, daß man nachts nicht zu Fremden ins Auto steigt! Und du weißt auch, daß das so nicht weitergeht bis morgen, gute Manieren erwarten und so, schöne Konversation bis München, daran glaubst du doch selber nicht! Das solltest du schon wissen beim Trampen, daß nachts auf den Straßen Krieg herrscht. Ich an deiner Stelle hätte eine richtige Scheißangst.“ „Und ich an eurer Stelle“, habe ich geantwortet, „hätte überhaupt kein Vergnügen daran, eine wehrlose Frau einzuschüchtern – und auch noch zu dritt!“ Er schaute mich an, und plötzlich sah ich im spärlichen Licht ganz genau, daß sein Gesicht gar nicht mehr so jung war, aber vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet. Nun grinste er und belehrte mich: „Ich verspreche dir, es wird beim Einschüchtern nicht bleiben, es kommt immer schlimmer, als man denkt.“ Dann klopfte er dreimal auf die Rückwand. Als ich schwieg, griff er ganz plötzlich nach meinem linken Arm und preßte meine Hand zwischen seine Beine: „Jetzt ist Schluß! Du siehst, was du gemacht hast, er ist ganz hart, mach den Reißverschluß auf!“ befahl er. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Eine Weile fuhren wir stumm so dahin, ich mit schraubstockartig umklammertem Handgelenk, pathetisch abgewandt, mit verdrehtem Arm, vor uns im Dunkeln die Rücklichter eines großen Lastwagens in immer gleichem Abstand. Es war grotesk, ich in einer solchen Situation, in der man automatisch alles falsch macht. Ich wünschte mir von ganzem Herzen eine weniger peinliche Pose zu finden, eine, die mehr Stolz und Souveränität hätte ausdrücken können. Aber schon hatte mich der Blasse, kaum daß meine Hand wieder frei war, an den Haaren gepackt und mit dem Kopf in den Schoß des Lockigen gedrückt. „Du sollst ihm einen blasen!“ schrie er und schüttelte mich. Der Lockige drückte auf die Hupe und brüllte ihn an: „Du hältst dich da raus, kapiert?!“, woraufhin ich sofort losgelassen wurde.

Ich blieb irgendwie in gebeugter Haltung sitzen, hatte einen richtigen Widerwillen, mich aufzurichten, ich wollte nicht wie ein normaler Mitfahrer zwischen ihnen sitzen und erneut Hoffnung schöpfen müssen, dieses Hoffen ist es, das am meisten zermürbt. Nach einer Weile richtete ich mich dann doch auf, weil ich mich in gebückter Haltung zu demütig fühlte – auch wenn sie ja Ausdruck der Demütigigung war –, ich versuchte einfach nur, mutig zu wirken. Niemand sprach. Ich begann mir doch wieder Hoffnung zu machen, weil der Blasse in seine Schranken verwiesen worden war vom Chef. Nun, schien mir, kam alles darauf an, wie stark die Position des Chefs war. Ich studierte die Aufkleber, die das Armaturenbrett bedeckten: blöde Sprüche, Werbung von Tchibo, Reklame für Motoröle. „Seid ihr Mechaniker?“ fragte ich plötzlich zu meiner eigenen Überraschung. „Habt ihr eine Autowerkstatt oder so was?“ Lange antwortete niemand, dann seufzte der Lockige und sagte: „Schau, Mädel, wir reparieren die Autos nicht, wir fahren sie zu Schrott! Wir machen Crash-Rennen und dann verdienen wir unsere Kohle als Auto-Artisten, machen auch Stunts, fahren durch Feuerwände, Rampen rauf, auf zwei Rädern, mit Vollgas Frontalzusammenstoß, so was machen wir, sind dauernd unterwegs, im Ausland, vielleicht hast du uns sogar schon im Fernsehen gesehen. Hier“, er zog einen Zettel aus der Ablage, „das sind wir, die HELL'S DEVILS“, sagte er voller Stolz. Ich las den Schriftzug, konnte aber im Dunkeln keinen Heimatort und keine Telefonnummer erkennen. Er steckte den Zettel wieder weg und schnippte mit den Fingern, woraufhin sich das Ritual von vorhin wiederholte. Im Nu hatte er eine Zigarette im Mund, zündete sie an und rauchte, was mich, als Raucherin, die vor Ewigkeiten ihre letzte geraucht hat, natürlich zusätzlich quälte. „Zigarette?“ fragte er mit jener Intuition, die Folterer haben, und wahrscheinlich klang mein „Ja“ sehr dankbar. Er blies mir den Rauch ins Gesicht, leckte obszön den Filter ab und reichte sie mir dann. Ich nahm sie ohne zu zögern, riß den Filter ab und rauchte gierig. Meine Hände wurden eiskalt. Es ist wirklich idealistischer Kitsch zu glauben, daß man in einer solchen Lage so oder so sein muß, tapfere Gegenwehr zu leisten hat, sauber dastehen muß bis zum Schluß. Besonders perfide dabei ist, daß man später insgeheim soweit geht zu glauben, man hätte sogar eine gewisse Mitschuld, weil man kein moralisch korrektes Verhalten an den Tag gelegt hat.

Der Blasse kicherte, der Alte schien zu schlafen, der Lockige schaute mich an und sagte nach kurzem Schweigen mit vollkommen veränderter, irgendwie heiserer Stimme: „Und jetzt, verehrte Dame, wird's ernst, jetzt fahren wir zu unserem Stützpunkt.“ Der Blasse stieß den Alten mit dem Ellbogen an, der murmelte ein „Menschenskinder“ und schlief weiter. „Wir haben hier nämlich ein altes Gehöft, mußt du wissen“, fuhr der Lockige fort. „Einsame Lage, da kannste jede Anlage voll aufdrehen, da ist rundum niemand, den das stört. Wir haben dort einen Schuppen für unseren Kram, altes Zeug, Motoren, Werkzeug, Wracks, Hebekran, all so was, in den kommst du rein, Fotze!“ malte er mir mit vor zunehmender Erregung immer brüchiger werdender Stimme aus. Wohl um sich ein wenig zu beruhigen, machte er eine Pause, schaute nervös in den Rückspiegel, dann ging es weiter: „Wir reißen dir die Kleider runter und dann ficken wir dich erst mal alle ordentlich durch, von allen Seiten, zuerst ich, dann das Vieh, das hinten schläft, und das kann ich dir sagen, wenn der dich in der Mangel hatte, dann bist du gefügig, ja, und dann kommen die beiden Wichser auch noch dran, was?“ Der Blasse machte ein schmatzendes Geräusch. „Na?“ fragte der Lockige lauernd und starrte mich an, „macht dich das geil? Keine Angst, wir bringen dich schon hoch! Es geht ja noch weiter, das ist noch nicht alles, was wir mit dir vorhaben.“ Er drückte aufs Gaspedal. „Wir haben nämlich noch so einen Flaschenzug mit Ketten und Haken, da wirst du drangepackt, Ketten an die Füße, dann ziehn wir dich hoch und reißen dir die Votze auf, bis zum Hals, wenn wir wollen, aber vorher wird dir das Vieh da hinten – das leider etwas sadistisch veranlagt ist – den Kitzler rausreißen. Die Nippel. Die Titten. Mit so einer Spezialzange.“ Der Blasse kicherte und rieb sich die Hände, der Alte blieb stumm. „Da findet dich niemand“, versicherte mir der Lockige, „und wenn wer nachfragt, Bullen oder so, dann haben wir dich aussteigen lassen auf dem Parkplatz der nächsten Raststätte und nie mehr was von dir gehört. Das können alle hier bezeugen.“

Ich saß da, während er sprach, wie jemand, der konzentriert Musik hört, vornübergebeugt, mit aneinandergelegten Fingerspitzen, und versuchte, nicht verrückt zu werden. Mein Herz schlug so fest, daß es mich in Schwingungen zu versetzen schien, die Angst brannte sich mit viel Säure in meine Mund- und Magenschleimhäute, ich hatte Probleme mit dem Atmen, sicherlich habe ich gezittert, ich weiß es nicht, bei all den Empfindungen fühlte ich mich gleichzeitig wie versteinert. Dieses Gefühl war so übermächtig, daß ich Gegenwehr oder Flucht gar nicht einmal in Erwägung zog. Ohnehin waren ja alle Auswege durch diese Männer versperrt. Es schien mir immer wahrscheinlicher, daß sie das alles tatsächlich mit mir machen würden – daß sie es vielleicht mit anderen Frauen bereits getan hatten. Das bin nicht ich, der das passiert, sagte ich mir, so was passiert immer nur den anderen, und dann wird es in den Medien breitgetreten, jeder kennt das, niemand rechnet je damit, selbst in so was hineinzustolpern. Und dann sagte ich mir, so geht mein Leben also zu Ende, in einer halben Stunde vielleicht schon werde ich tot – oder fast tot sein. Im Grunde ist es unmöglich, so was wirklich zu denken.

„Scheiße!“ rief der Lockige plötzlich, schaltete zurück und ging auf Schrittempo runter. Vor uns erschien ein großer blinkender Pfeil, wir wechselten in die linke Spur hinüber. Ein Polizist mit Leuchtkelle winkte alle Fahrzeuge, so auch unseres, an der gesperrten Spur vorbei. „Straßensperre!“ rief ich triumphierend, „jetzt schnappen sie euch!“ Aber der Lockige korrigierte mich kalt: „Unfall!“ Schon passierten wir eine mit Scheinwerfern erleuchtete Stelle voller Feuerwehr- und Krankenfahrzeuge, Verkehrspolizisten standen rum, Leute in orangefarbenen Overalls, ich sah – und es war, als würde ich träumen – da fehlte ein Stück Leitplanke, die Böschung muß steil gewesen sein, denn unten, ganz klein und weit weg, lag ein Lastwagen, die Räder nach oben, und daneben was Kleineres, brennend, genauer gesagt, flackernd. Schon war die Szenerie in der Nacht verschwunden. Ich kann nicht erklären, weshalb ich mich den Polizisten nicht bemerkbar gemacht habe, nicht an die Scheibe trommelte, zum Fenster hechtete, gellend um Hilfe rief.

„So, Mädel, damit du Bescheid weißt“, sagte der Lockige und gab Gas, „da vorne kommt eine Ausfahrt. Geradeaus geht es in deine Richtung, die Ausfahrt führt zu unserem Stützpunkt, was glaubst du wohl, wie wir fahren werden?“ Wir näherten uns der Ausfahrt, und als ich schon fest daran glaubte, daß wir geradeaus weiterfahren würden, zog er den schweren Transporter im letzten Moment nach rechts. Schleudernd fuhren wir in die Ausfahrt, ich wurde zum Lockigen hin gedrückt, er betätigte die Hupe und machte plötzlich eine Vollbremsung, bei der alle nach vorn gerissen wurden. Wir standen. „Und jetzt raus mit dir, bevor ich es mir anders überlege!“ brüllte er. Ich spürte einen frischen Windhauch, der Alte hatte die Tür geöffnet. Schnell kletterte ich über die beiden Männer zum Ausgang hin, sie zerrten an mir und stießen mich ins Freie. Meine Reisetasche warfen sie hinterher. Ich lag auf den Knien im Splitt, sah, wie die Rücklichter sich entfernten.

Zuerst spürte ich nichts, dann kam ein erschreckender Haß in mir hoch. Ich nahm meine Tasche und rannte querfeldein davon, weg, nichts wie weg, damit sie mich nicht finden.

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