„Preise werden dauernd überprüft“

■ Rainer Eikel, stellvertretender Pressesprecher des AOK-Bundes- verbandes, über Verdachtsmomente und Kontrollmöglichkeiten

taz: Herr Eikel, bisher ging es um Herzklappen; bei welchen anderen Produkten gab es ebenfalls betrügerische Absprachen?

Rainer Eikel: Bei den Herzklappen haben wir harte Fakten. In allen anderen Bereichen sind es Verdachtsmomente, denen wir nachgehen. Die betreffen quasi die gesamte Palette der Medikalprodukte, aber es wäre zu früh, da konkret etwas zu nennen.

Haben die Krankenkassen geschlafen? Hätte man den überhöhten Preisen nicht viel früher auf die Spur kommen können?

Die Kassen haben seit einiger Zeit recherchiert, aber es ist ein Unterschied, ob man einen Verdacht hat oder konkrete Hinweise bekommt. Die Krankenhausverwaltungen haben ja gutgläubig gehandelt. Sie haben offizielle Rechnungen bekommen, die sich durchaus im üblichen Preisrahmen bewegten, und haben diese mit den Krankenkassen abgerechnet.

Offensichtlich waren aber auch eine Reihe von Krankenhausverwaltungen in die Absprachen verwickelt. Von Gutgläubigkeit kann da doch nicht die Rede sein.

Das ist eine Vermutung, die die Bild-Zeitung am Samstag geäußert hat. Nach unseren Informationen ist dies nicht so.

Welche Kontrollmöglichkeiten haben die Kassen, um überhöhte Preise zu entdecken?

Sie können, wenn Verdachtsmomente vorliegen, diese überprüfen. Sie haben auch die Möglichkeit, im Rahmen der normalen Preisgespräche mit Krankenhäusern zu prüfen. Nur ist es schwierig, wenn sie Preise haben, die bundesweit relativ einheitlich sind. Sie müssen erst einmal einen konkreten Verdacht haben, daß mit den Preisen etwas nicht stimmt.

Hat nicht auch die AOK gutgläubig gehandelt?

Sie können sicherlich so rangehen, daß sie generell alles prüfen. Das tun wir auch, nur wir können nicht hinter jeden Verwaltungschef einen Staatsanwalt stellen. Zunächst gilt die Vermutung, daß korrekt gehandelt wird.

Der Bundesverband der AOK hat jetzt die Krankenhäuser aufgerufen, die Preise für medizinische Hilfsmittel zu überprüfen. Warum nicht schon früher?

Die Preise werden dauernd überprüft. Es geht jetzt darum, daß konkret die Preise der Herzklappen überprüft werden. Und wir fordern auch, daß im Zusammenhang mit der Bundespflegesatzverordnung die Fallpauschalen für Herzklappenoperationen niedriger angesetzt werden.

Offensichtlich haben die Krankenkassen den Zeitpunkt der Veröffentlichung mit Bedacht gewählt, kurz vor der Bundesratssitzung am 10. Juni, bei der die Bundespflegesatzverordnung verabschiedet wird.

Das war kein Kalkül. Der zeitliche Zusammenhang ist zufällig.

Können die Kassen Regreß fordern?

Das ist rechtlich nicht ganz einfach. Aus dem politischen Raum wurde vorgeschlagen, daß die Hersteller für den Schaden eintreten sollen. Wir versuchen zu erreichen, daß jetzt nicht weitere überhöhte Rechnungen bezahlt werden, sondern daß die gekürzt werden.

Sehen Sie eine Möglichkeit, daß die Krankenkassen künftig an Preisabsprachen zwischen Industrie und Ärzten beteiligt werden?

Es ist generell zu überlegen, ob die Kassen direkte Preisgespräche führen. Wie man zu entsprechenden Preissenkungen kommt, muß aber noch weiter diskutiert werden. Interview: Dorothee Winden