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Absage an Amigo-System

■ Gesundheitssenator Luther will gegen Ärzte vorgehen, die sich von Pharmafirmen Kongreßreisen bezahlen lassen

Das Angebot war verlockend. Ein Hersteller von Herzschrittmachern bot dem Ostberliner Krankenhausarzt Eberhard Seidel an, die Reisekosten zum Jahreskongreß der US-amerikanischen Herzgesellschaft in New Orleans zu übernehmen. Neben wissenschaftlichen Referaten wurde auch ein touristisches Begleitprogramm geboten. Zudem sollte die Reise ein wenig länger dauern als der Kongreß. Eingeladen war auch die Gattin, sie hätte lediglich eine Eigenbeteiligung von 2.000 Mark bezahlen müssen.

Seidel, der Herzschrittmacher implantiert und Vorstandsmitglied der Berliner Ärztekammer ist, schlug in der Berufsordnung nach. Dort heißt es in Paragraph 25, daß es dem Arzt untersagt ist, von Herstellern medizinisch-technischer Geräte Werbegaben aller Art entgegenzunehmen. Die Geringfügigkeitsgrenze liegt bei etwa 50 Mark.

Seidel schrieb der Firma, daß er das Angebot nicht annehmen könne und handelte sich jede Menge Ärger ein. „Im Krankenhaus gab es einen Aufstand“, sagte er. Ihm sei vorgehalten worden, es sei unüblich, so eine Reise abzulehnen. Schließlich sei man auf solche Fortbildungsangebote angewiesen. Die Firma selbst war erbost, weil Seidel den Fall öffentlich gemacht hatte. Der Berliner Regionalvertreter und der Bundesgeschäftsführer reisten an, um gegenüber Seidels Vorgesetzten klarzustellen, daß es sich um eine wissenschaftliche Reise handle.

„Das Problem ist, daß die gesamte Fortbildung in den Händen der Pharmaindustrie liegt“, stellt Seidel fest. „Wenn man sich da ausklinkt, ist man vom Informationsfluß abgeschnitten.“ Es sei nicht von der Hand zu weisen, daß man sich damit fachlich schade. Seidel hält es daher für wünschenswert, daß die Fortbildung wieder in die Hände der Ärzteschaft gelegt wird. Die Ärztekammer verfüge aber nicht über die nötigen Mittel.

Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) erklärte gestern gegenüber der taz, es sei „nicht in Ordnung“, wenn eine Firma eine Kongreßreise eines Arztes „direkt sponsere“. Vor allem, wenn sich daran eine private Reise anschließe. Im Gesundheitsausschuß kündigte er Konsequenzen an, wenn so etwas aufgedeckt würde. Diese wollte er jedoch nicht näher erläutern. Luther will auch prüfen, inwiefern Provisions- oder sonstige Zahlungen von der Pharmaindustrie an Berliner Ärzte oder Krankenhäuser geflossen sind.

Im Zuge der Herzklappen-Affäre sind auch die Drittmittelkonten ins Zwielicht geraten. In einer westdeutschen Klinik hatte eine Firma hohe Beträge für die Abnahme von Herzklappen auf ein Drittmittelkonto einer Uniklinik bezahlt. In einer gemeinsamen Erklärung der Berliner Krankenkassenverbände, Herzzentren und der Ärztekammer heißt es dazu, die Drittmittelfinanzierung dürfe keine verdeckte Rabattgewährung beinhalten.

Der gesundheitspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Köppl, fordert, im Landeskrankenhausgesetz eine Rechenschaftspflicht über Zuwendungen der Pharmaindustrie festzuschreiben. Die Grünen unterstützten Senator Luther gerne dabei, das „Amigo-System“ zwischen einzelnen Chefärzten und der Pharmaindustrie aufzudecken.

Als weitere Konsequenzen aus der Herzklappen-Affäre schlug die Ärztekammer vor, daß die Berliner Krankenhäuser für medizinische Produkte Einkaufsgenossenschaften bilden. So könne preisgünstiger eingekauft werden. Dorothee Winden

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