: Unterm Strich
In solchen Fällen heißt es immer, die Jury habe „es sich nicht leichtgemacht“. Erst nach mehrstündigen und kontroversen Diskussionen, in denen es zwischenzeitlich zu einer „Pattsituation“ (dpa) mit (ausgerechnet!) dem Botho-Strauß-Stück „Das Gleichgewicht“ kam, ging der Mülheimer Dramatikerpreis an Herbert Achternbusch, und zwar für das Stück „Der Stiefel und seine Socken“. 20.000. Glückwunsch. Etwas merkwürdig ist die Begründung: Achternbusch sei ein Mann von großer „Ehrlichkeit“. Der tut nämlich manchmal nur so. Und das im besten Sinne.
Neil Young, berichtet der britische New Musical Express, hat bekanntgegeben, seinen 1979er Klassiker „Hey Hey My My (Into The Black)“ nie wieder öffentlich spielen zu wollen. Grund: Young sei geschockt gewesen, nachdem er erfahren habe, daß Nirvana-Sänger Kurt Cobain eine Zeile des Stücks in seinem Abschiedsbrief verwendet hat. Es handelt sich logischerweise um das vielzitierte „It's better to burn out than to fade away“, längst unverzichtbarer Bestandteil des Zitatenfundus jedes Rock-Users, gleich neben „With a little help from my friends“, „Then I saw her face (now I'm a believer)“, „Now where have you been my blue-eyed son“, „Party for your right to fight“, „Eine Telefonnummer mehr, du weißt, du brauchst sie sehr“ und, natürlich, „Smells like teenage spirit“ – bloß mit unterschiedlichen Konsequenzen. Unterdessen erscheinen nicht nur die ersten in Windeseile geschriebenen posthumen Cobain-Biographien (z. B. „Never Fade Away: The Kurt Cobain Story“ von Red-Hot-Chili-Peppers-Biograph Dave Thompson, ab dieser Woche im englischsprachigen Ausland in den Läden), es wird auch finanziell die Bilanz eröffnet: 1,2 Millionen Dollar hinterläßt Cobain, zusätzlich etwa 740.000 an Außenständen. Komisch, irgendwie hätten wir gedacht, es wäre mehr.
Eine Art Kommuniqué erreicht uns aus der Wortschmiede der Hamburger Pop-Band Die Allwissende Billardkugel. In diesem wenden sich die beiden Betreiber wortreich gegen eine in der taz vom 20. 5. veröffentlichte Plattenkritik Anke Westphals, in der unter anderem das linksorthodoxe Journalisten-Bashing, das die Band in Promozetteln betreibt, sanft, ja fast zärtlich gegeißelt worden war. Die Billardkugel: „Wir arbeiten hart. Wir nehmen uns nicht wichtiger als jeden anderen. Wir glauben auch nicht daran, die Welt mehr zu erkennen als irgendwer sonst. Wir lieben die Menschen. Das macht schlechte Laune in Zeiten des Zusammenbruchs von Zusammenhängen, die wir lieber intakt sähen.“ Mensch, ihr beleidigten Billardkugeln! Finden wir doch auch alles Scheiße, das mit dem Wegbrechen von Zusammenhängen! What's so funny about peace, love and understanding? – schon immer unsere Rede gewesen! Brüder und Schwestern im selben Geiste kontaktieren die Band unter (040) 36147 oder 3171658. Es geht um „Aktionen“.
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