KZ-Gelände Sachsenhausen wird zum „Biotop“

■ Oranienburg wählt „neutrale“ Namen für Straßen auf früherem KZ-Gelände

Berlin/Oranienburg (taz) – Die brandenburgische Stadt Oranienburg verwischt bewußt die Spuren des Nazi-Terrors aus ihrer Vergangenheit. Neue Straßen auf dem Gelände des früheren KZs Sachsenhausen sollen entgegen den Empfehlungen von Historikern zukünftig Namen wie „Am Biotop“, „An den Dünen“ oder „Am Gleis“ tragen. Heute werden die Straßen auf dem Teil des Geländes, das zum Gewerbegebiet erklärt wurde, eingeweiht. Die Entscheidung für die „neutralen“ Namen hatte die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung Oranienburgs vor Monatsfrist getroffen, um möglichst schnell Gewerbe auf dem Gelände ansiedeln zu können. Das Mitspracherecht der „Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten“, die Namen von früheren KZ-Häftlingen vorgeschlagen hatte, wurde ignoriert. Und dies obwohl sich der SPD-Bürgermeister Laesicke bereits im Einvernehmen mit der Stiftung für die Häftlings-Namen ausgesprochen haben soll.

Die Stadtverordneten hatten es eilig: Sie wollten mit der Namensgebung nicht mehr bis zum eigentlich vereinbarten Oktober warten. Die dort anzusiedelnden Gewerbetreibenden sollten im Wahljahr nicht warten müssen. Das Verfahren der Stiftung, die bei den Angehörigen der Häftlinge anfragen mußte, dauere zu lange.

Die „Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten“ beklagt nun, daß mit dem von ihr abgelehnten Gewerbegebiet und den neuen Namen „die riesigen Dimensionen, die das KZ umfaßte“ für spätere Generationen nicht mehr erkennbar seien: „Die Verwischung von Spuren des Nationalsozialismus ist nicht akzeptabel“. Die Stadt müsse die Entscheidung rückgängig machen. Laut Stadtverwaltung sind solcherlei Bestrebungen momentan nicht zu erwarten. Und auf die Gedenkstätten-Stiftung kommt noch Schlimmeres zu: Der Bürgermeister stellt sich für das KZ-Gelände eine 45 Meter hohe „Friedenspagode“ und einen „Friedenspark“ vor. kotte