Rassistische Forschung in Nordirland

■ Rechtsradikale US-Stiftung finanziert Universitätsprofessor / StudentInnen bestreiken Vorlesungen und fordern den Rücktritt des „Rassen“-Forschers

Dublin (taz) – Hängt es von der „Rasse“ ab, welche Auswirkungen die Ernährung auf die Intelligenz hat? Dieser Frage will der Psychologieprofessor Richard Lynn von der nordirischen Universität Ulster nachgehen. Seine Untersuchung wird vom rechtsradikalen „Pioneer Fund“ mit 50.000 US- Dollar finanziert. Der Fonds, mit Sitz in New York, unterstützt ausschließlich Forschungen, die in sein rassistisches Weltbild passen.

Seit Lynns Projekt bekanntgeworden ist, werden seine Vorlesungen bestreikt. In der Universitätsstadt Coleraine fand eine Demonstration statt, zu der die „Anti- Nazi League“ und das „Socialist Workers' Movement“ aufgerufen hatten. Lynn fühlt sich mißverstanden. Er habe das Geld vom Pioneer Fund nur deshalb angenommen, weil keine andere Institution bereit war, seine Untersuchung zu finanzieren. „Der Fonds ist eine Stiftung, die Untersuchungen über Intelligenz und eine Reihe verwandter Probleme finanziert, möglicherweise auch andre Dinge“, räumte Lynn ein. Er betonte jedoch, daß der Geldgeber keinerlei Einfluß auf die Glaubwürdigkeit seiner Forschungen habe. „Bei der Arbeit geht es um die Folgen der Ernährung auf die Intelligenz, und diese Untersuchung ist Teil meiner akademischen Arbeit“, sagte er.

Es war aber wohl eher der rassistische Aspekt dieser Arbeit, der den Pioneer Fund zur Finanzierung bewogen hat. Die Organisation wurde 1937 zur Förderung der Forschung über Rassen und insbesondere „Rassenhygiene“ gegründet. Vor allem ging es den beiden Gründern, den US-Wissenschaftlern Harry Loughlin und Frederick Osborn, um die „Verbesserung der weißen Rasse“. Der Hinweis auf die Hautfarbe ist später aus der Gründungscharta gestrichen worden. Loughlin und Osborn war 1936 von der Heidelberger Universität die Ehrendoktorwürde verliehen worden – wegen ihrer Verdienste um die Nazi-Eugenik. Osborn bezeichnete die Sterilisierungspolitik der Nazis als „höchst aufregendes Experiment“.

Die StudentInnen der Universität Ulster kritisierten Professor Lynn dafür, daß er Geld vom Pioneer Fund angenommen hat, und forderten seinen Rücktritt. Lynn sagte, die Universität habe mit seiner Untersuchung nichts zu tun. Außerdem sei das Geld nicht an ihn ausbezahlt worden, sondern an die unabhängige Stiftung „Ulster Institute for Social Research“, für die Lynn nach eigenen Angaben als Berater tätig ist.

Diese Stiftung ist in ganz Irland an keiner Universität bekannt, sie ist weder in Irland noch in Großbritannien als Wohlfahrtsorganisation registriert. Auch an dem renommierten „Economic and Social Research Institute“ in Dublin, bei dem Lynn in den siebziger Jahren beschäftigt war, hat noch nie jemand etwas von der zwielichtigen Stiftung gehört. Ralf Sotscheck