■ Linsen Soufflé
: Stampede in den Sonnenuntergang

Hört euch das an: „Im Jahr 1885 schickte die amerikanische Regierung 5.000 Soldaten in die mexikanische Wüste, um 34 entflohene Indianer in das Reservat zurückzutreiben. Die Jagd nach der kleinen Gruppe dauerte ein Jahr, denn die Frauen, Kinder und Krieger wurden von einem Mann angeführt, der schon zu Lebzeiten eine Legende war: Geronimo!“ Wow! Da lacht das linke Herz. Endlich mal eine politisch korrekte Ein-Aufrechter- gegen-das-Schweinesystem-Geschichte. Natürlich ist „Geronimo“ (Start bei uns am 16. 6.) ein Ami-Film, Drehbuch und Regie Walter Hill, mit jeder Menge Action, ausgezeichneten Schauspielern (Gene Hackman, Robert Duvall) und einer „wahren“ Geschichte. Er erntete auch massenhaft Kritikerlob, war an den US- Kinokassen aber kein großer Hit. Die Amis werden eben nicht gerne daran erinnert, daß sie ihr Land gestohlen haben und die rechtmäßigen Einwohner von ihnen abgeschlachtet wurden. Lieber sehen sie Filme über die weißen Eroberer und ihre „Heldentaten“. Der Western boomt, da gibt's nichts dran zu rütteln. Walter Hills (der Mann liebt Western über alles) nächstes Projekt heißt „Wild Bill“. Es ist die verklärte Geschichte des legendären Ballermanns, Scouts, Glücksspielers und Marshalls James Butler Hickock, der in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Süddakota für einige Aufregung und bleihaltige Luft sorgte. Die Titelrolle wird Jeff „Fearless“ Bridges spielen. Auch Kevin Costner reitet in diesem Jahr noch in den Sonnenuntergang. Er ist „Wyatt Earp“ (Start 29. 9.), und wieder einmal geht's um die Schießerei am O.K. Corral. Lawrence Kasdan hat den dreistündigen Western inszeniert, und spielen durften neben Costner Dennis Quaid (Doc Holiday), Isabella Rosselini und Gene Hackman (wer sonst). Die Sommersaison in den US-Kinos wurde ebenfalls mit einem Western bzw. einer Westernkomödie eröffnet. Es ist die Filmfassung der Fernsehserie „Maverick“ (Start hier 30. 6.), eine absolut durchgeknallte Pferdeoper von Richard Donner, die sich keinen Moment lang auch nur im geringsten ernst nimmt. Die Besetzung ist erstklassig. Es spielen: Mel Gibson, Jodie Foster, James Garner, Graham Greene und der unverwüstliche James Coburn. Der erste Frauenwestern dagegen ist eine herbe Enttäuschung. Zunächst sollte Tamra Davis bei „Bad Girls“ (Start hier 28.7.) Regie führen, sie wurde aber schon nach wenigen Tage von der Produktionsfirma Twentieth Century Fox gefeuert, und Jonathan Kaplan bekam den Job. Der blies die Pulverdampf- war-ihr-Parfüm-Story mit mehr Action auf und ließ keine Gelegenheit aus, die jungen Darstellerinnen (Drew Barrymore, Mary Stuart Masterson, Andie MacDowell und Madeleine Stowe) in eindeutigen Pin-up-Posen abzulichten. Vielleicht macht Sharon Stone die Sache wett, wenn sie unter dem Splatter-Prinz Sam Raimi in „The Quick and the Dead“ eine Zigarillo qualmende Revolverheldin mimt. Die Geschichte ist klassisch: Frau Stone reitet in die Stadt, um mit Gene Hackman (jaja, schon wieder) eine offene Rechnung zu begleichen. Wer auf der Strecke bleibt, dürfte klar sein, die Stone schafft keiner. Karl Wegmann