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Blaue Briefe vom Präsidenten

Ende Mai erhielten 14.000 LangzeitstudentInnen an der FU einen Brief mit einer Einladung zum Beratungsgespräch / Protest gegen Zwangsberatung läuft aber nur langsam an  ■ Christiane Badenberg

Einen blauen Brief vom Uni- Präsidenten fand Ende Mai fast jeder vierte Student der Freien Universität in seinem Postkasten. Der Brief, der den 14.000 sogenannten LangzeitstudentInnen zuging, enthielt die Einladung zu einem Beratungsgespräch. Allerdings haben die Hochschüler keine Möglichkeit, die Einladung auszuschlagen. Finden sie sich nicht bis Ende Juli zum Gespräch über den weiteren Verlauf ihres Studiums ein, droht die Uni-Verwaltung mit Zwangsexmatrikulation. Doch der Protest gegen die Zwangsberatung läuft bisher eher gemächlich an.

Zu einer Veranstaltung des Asta-Hochschulreferats an der FU und der Studierendengruppe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am Mittwoch abend kamen nur etwa zweihundert Betroffene. Das könne daran liegen, daß sich eben jene StudentInnen nicht allzu häufig an der Uni aufhalten würden, versuchte Barbara Fried vom Asta eine Erklärung für die enttäuschende Resonanz zu finden. Als es dann auch noch darum ging, kollektive Protestaktionen zu organisieren, um die Zwangsberatung praktisch unmöglich zu machen, suchten viele StudentInnen das Weite. Dabei hatten sie zuvor von den ohnehin aktiven StudentInnen noch mehr Engagement in eigener Sache gefordert.

Die Asta-Vertreter begrüßen prinzipiell, daß die StudentInnen nun während ihres Studiums beraten werden sollen, wehren sich aber gegen den Zwang. Schließlich gehöre die Beratung zu den Aufgaben der DozentInnen, sei bisher aber immer zu kurz gekommen. Sie raten nun, beim Beratungstermin ein ausführliches und ernsthaftes Gespräch einzufordern und sich nicht mit wenigen Minuten abspeisen zu lassen. Der Zeitaufwand für die DozentInnen könne dazu führen, daß sie sich im nächsten Semester weigerten, noch einmal für Gespräche bereitzustehen. Denn in manchen Fächern wie Jura, Medizin oder Germanistik müßten bis zu 800 StudentInnen beraten werden.

Mit der Beratung dürften ohnehin einige organisatorische Probleme verbunden sein, da sich nicht alle DozentInnen bereit erklärten, mit den StudentInnen zu sprechen. Einige HochschullehrerInnen sollen ihre Weigerung damit begründet haben, daß sie nicht bereit seien, mit Leuten zu sprechen, die keine Lust am Studium hätten, so FU-Sprecher Christian Walther. In diesem Jahr reicht es aus, wenn die StudentInnen zur Beratung erscheinen. Ab dem nächsten Jahr können sie nach dem geänderten Berliner Hochschulgesetz zwangsexmatrikuliert werden, wenn sie keine triftigen Gründe angeben, warum sie die Regelstudienzeit um mehr als zwei Semester überschritten haben. Als Grund würde beispielsweise anerkannt, daß jemand aus Geldmangel nebenher arbeiten müsse oder wenn ein Baby zu versorgen sei. Auch StudentInnen, die nachweisen könnten, daß sie regelmäßig an Seminaren oder Vorlesungen teilnehmen, würde die Unterschrift unter den Beratungsschein nicht verweigert, sagt Christian Walther. Aussieben wolle man aber die „Sozialversicherungsbetrüger“.

Während Walther vor allem den Beratungsaspekt in den Vordergrund stellt und meint, der Dozent solle auch Hilfestellungen für eine bessere Bewältigung des Studiums geben, glaubt Barbara Fried, daß es in erster Linie darum geht, die Statistik zu bereinigen. „Schließlich kann es der FU doch egal sein, wie viele Langzeitstudenten sie beherbergt, denn diese Studenten kosten weder die Uni noch den Staat viel Geld.“ Zum einen seien sie selten an der Uni anzutreffen und somit nicht für die überfüllten Hörsäle verantwortlich, zum anderen dürften sie keine Sozialhilfe beziehen, würden dem „Staat also auch nicht auf der Tasche liegen“.

Außerdem glaubt sie, daß die Zahlen, die ständig über die Langzeitstudenten kursieren, in die Irre führten. Eine gerade beendete Studie des Otto-Suhr-Instituts habe ergeben, daß dort zwanzig Prozent aller Studenten mehr als 14 Semester eingeschrieben seien. Von diesen zwanzig Prozent hätten aber mehr als die Hälfte ihr Examen gerade abgelegt oder befänden sich in den Prüfungen. Die übrigen hätten zum größten Teil einen Vollzeitjob.

Auch Walther räumt ein, daß viele Studiengänge überhaupt nicht in der Regelstudienzeit zu bewältigen sein – entweder weil die Anforderungen zu hoch oder die Betreuung durch die Dozenten nicht ausreichend sei. Trotzdem wolle man auf jeden Fall an der Beratungspflicht festhalten.

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