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Große Anti-Flüchtlings-Koalition

■ CDU und SPD planen Verschlechterungen für Bürgerkriegsflüchtlinge / FDP und Justizministerin sind „strikt“ dagegen, sie künftig wie Asylbewerber zu behandeln

Berlin (taz) – Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat sich strikt gegen Pläne des Koalitionspartners CDU/CSU ausgesprochen, Bürgerkriegsflüchtlinge künftig wie Asylbewerber zu behandeln. Aus ihrem Ministerium, so die FDP-Frau, komme „deutlicher Widerspruch“ gegen entsprechende Gesetzentwürfe, die derzeit im Bundesinnen- und im Familienministerium vorbereitet werden.

Ähnlich kritisch hatte sich einen Tag zuvor auch der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Burkhard Hirsch, geäußert. Der FDP- Widerstand richtet sich gegen Pläne, künftig auch Bürgerkriegsflüchtlinge erkennungsdienstlich zu behandeln und ihre Daten in das für die Identifizierung von Asylbewerbern geschaffene „Afis“-System einzuspeichern.

Gleichzeitig ist vorgesehen, Bürgerkriegsflüchtlinge in das Asylbewerberleistungsgesetz einzubeziehen, was eine Kürzung der Sozialhilfe um fast 25 Prozent und die Auszahlung der Sozialleistungen nur noch in Form von Sachleistungen bedeuten würde.

Eine solche Leistungskürzung, so die Justizministerin, stünde im Widerspruch zu dem erst vor einem Jahr ausgehandelten Asylkompromiß, der einen ausdrücklichen Sonderstatus für Bürgerkriegsflüchtlinge festschreibt. Situation paradox: der kleine Koalitionspartner FDP sieht sich mit seiner Kritik einer großen Koalition aus CDU und SPD gegenüber. Vom SPD-geführten baden-württembergischen Innenministerium kam der Vorstoß, das Asylbewerberleistungsgesetz mit seinen Leistungskürzungen und dem Sachleistungsprinzip auch auf Bürgerkriegsflüchtlinge und schon lange in Deutschland lebende Asylbewerber auszudehnen.

Und die Konferenz der Innenminister der Länder, in der die SPD- und ampelregierten Bundesländer die Mehrheit haben, forderte auf ihrer Sitzung im Mai die Bundesregierung ausdrücklich auf, ein „einheitliches“, sprich verschärftes Leistungsrecht für Asylbewerber u n d Bürgerkriegsflüchtlinge zu schaffen. Der Beschluß fiel einstimmig. Kein einziger SPD-Mann legte sein Veto ein.

Auch bei der erkennungsdienstlichen Behandlung für Kriegsflüchtlinge hoben alle Innenminister geschlossen die Hände. Einzig Hessen machte in Form einer Protokollnotiz Bedenken geltend, stimmte dann aber den Beschlüssen zu, um im Gegenzug die Pläne für die Sozialhilfekürzungen nicht zu gefährden.

Noch vor einem Jahr hatten die Sozis bei den Beratungen des Asylbewerberleistungsgesetzes erfolgreich für eine soziale Besserstellung der Kriegsflüchtlinge gefochten. Vera Gaserow

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