: Bundesrat schützt Bauernland vor Junkerhand
■ Länderkammer hält mittlerweile 23 Gesetzesvorhaben auf, darunter das Verbrechensbekämpfungsgesetz und die Regelungen für das Bodenreformland
Bonn (AFP/dpa) – Alteigentümern bleibt vorerst der Zugriff auf ihre ehemaligen Güter in den fünf neuen Ländern verwehrt. Der Bundesrat lehnte gestern das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG), das unter anderem die Restitution des zwischen 1945 und 1949 enteigneten sogenannten Bodenreformlandes ermöglicht, ab. Gegen das Gesetz stimmten nicht nur die SPD-regierten Länder, sondern auch Mecklenburg-Vorpommern.
Der Schweriner Ministerpräsident Berndt Seite (CDU) begründete die Ablehnung damit, daß Nachfolgegesellschaften der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) der DDR beim Landerwerb benachteiligt würden. Die Bevorzugung der Alteigentümer müsse zurückgenommen werden. „Wir treten für Chancengleichheit aller am Bodenerwerb interessierten Gruppen ein.“ Das Gesetz sieht vor, daß Alteigentümer und ostdeutsche Pächter Teile der zwischen 1945 und 1949 in der Bodenreform enteigneten Flächen verbilligt kaufen können. Für Alteigentümer ist auch eine finanzielle Entschädigung möglich. Gesellschafter der LPG-Nachfolgebetriebe sind dagegen von den Verbilligungen ausgeschlossen.
Brandenburgs Justizminister Hans Otto Bräutigam (SPD) kritisierte, die Möglichkeit einer Teilrückgabe von Land, das während der Bodenreform von 1945 bis 1949 enteignet wurde, verstoße gegen den Einigungsvertrag. Darin war festgelegt worden, daß Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nicht der Restitution unterliegen. Das Gesetz sei unausgewogen, verfassungsrechtlich bedenklich und sozial unverträglich.
Hingegen erteilte der Bundesrat dem zweiten Unrechtsbereinigungsgesetz seine Zustimmung. Personen, denen durch Verwaltungsentscheidungen in der DDR Gesundheitsschäden, berufliche Benachteiligungen oder Vermögensnachteile entstanden sind, erhalten jetzt eine Entschädigung. Voraussetzung für die Entschädigung ist, daß die Folgen des Verwaltungsunrechts heute unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken. Für die aus dem Grenzgebiet von der DDR Ausgesiedelten ist generell eine Entschädigung vorgesehen. Bei politisch motivierten Eingriffen in den Beruf oder die Ausbildung kann ein Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung gewährt werden. Den Betroffenen soll ein Verdienst berechnet werden, der ohne die Verfolgung erzielt worden wäre.
Das Verbrechensbekämpfungsgesetz, das ebenfalls zur Abstimmung stand, scheiterte dagegen an den SPD-regierten Ländern. Niedersachsens Justizministerin Heidrun Alm-Merk (SPD) begründete die Ablehung damit, daß begrüßenswerte Vorhaben wie Strafverschärfungen gegen Neonazis mißbraucht würden, um rechtsstaatswidrige Maßnahmen durchzusetzen.
Als Beispiele dafür nannte sie die von der Koalition beabsichtigte Einführung einer maximal siebentägigen „Hauptverhandlungshaft“, die vorgesehenen Beschleunigungsmaßnahmen im Strafprozeß und die Erweiterung der Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das Gesetz enthalte „noch zu viele problematische Einzelregelungen“, als daß die Länder ihm zustimmen könnten. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kündigte daraufhin an, die Bundesregierung werde den Vermittlungsausschuß anrufen.
Insgesamt sind mittlerweile 23 Gesetzesvorhaben, die bereits vom Bundestag beschlossen wurden, durch eine Ablehnung des Bundesrates blockiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen