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Berlusconi frißt Partner

Trotzdem ist Italiens Rechts-Votum eine Entscheidung gegen das transalpine Europa: Italien ins Zentrum!  ■ Aus Rom Werner Raith

Es kam, wie es kommen muß, wenn ein vom Konzernchefdenken geprägter Mensch die Regierung führt: Er steigt mit einer Minderheitenquote ein, besorgt sich Alliierte, die ihm aber die Verfügungsgewalt über das Unternehmen sichern, um danach die Juniorpartner aufzufressen oder hinauszudrängen.

Silvio Berlusconi folgt diesem Rezept auch in der Politik bedingungslos: Beim Einstieg in die Politik haben ihm die norditalienischen Ligen und die Neofaschisten die Regierungsfähigkeit und damit die Verfügungsgewalt übers ganze Land verschafft – und nun saugt er die Klientel der Partner ab.

An die neun Prozent konnte Berlusconis Forza Italia dazugewinnen, davon fast zwei Drittel von seinen Koalitionspartnern: Die Liberalen und das christlich- demokratische Zentrum kandidierten gar nicht erst, die Liga Nord verlor fast zwei, die Neofaschisten mußten ein Dreiviertelprozent abgeben.

Normalerweise würde derlei die gesamte Regierungskoalition in Frage stellen. Doch da eine Alternative angesichts des Verfalls der Linken und der Schwäche der ehemaligen Christdemokraten (Volkspartei und Segni-Pakt) nicht in Sicht ist, weiß Berlusconi sich nun so stark, daß er jede Austrittsdrohung mit Neuwahlen kompensieren kann, seine Alliierten wissen, daß sie dabei zwangsweise verlieren werden. Der „opportunistische Sog“ (la Repubblica), in Italien stets auf seiten des Siegers, würde derzeit jeden hinwegfegen, der an Berlusconi kratzt.

Der Medienherrscher fühlt sich dieser Tage nicht ohne Berechtigung so stark, daß er bereits Forderungen nach gefügigeren Parteivorsitzenden stellt: Umberto Bossi zum Beispiel muß weg von der Leitung der Ligen – der Mann zeigt zu viel Eigenständigkeit. Und Berlusconi weiß, daß Bossi in dem Moment wirklich gefährlich werden könnte, in dem sich die Linke wieder berappelt, ihre derzeitigen Führungs-Nullnummern zugunsten charismatischer und vor allem nicht durch die alte Anbindung an die KP kompromittierte Führungsfiguren auswechselt und so koalitionsfähig auch für die förderalistischen Nordstaatler wird. Achille Occhettos Rücktritt aber scheint nur noch eine Frage von Tagen – bis dahin muß Berlusconi seine Wahlerfolge in politische Veränderungen umgesetzt haben.

Hinter der immer breiteren Zustimmung zu Berlusconi steht freilich noch mehr als nur der Sog zum Erfolgreichen, gerade im Zusammenhang mit Europa: Die Italiener fühlen sich nach dem Ende des Kalten Krieges, nach der Wiedervereinigung Deutschlands und der damit einhergehenden Kräfteverschiebung nach Norden an den Rand gedrängt.

In ihrem derzeitigen Regierungschef glauben sie den Mann gefunden zu haben, der ihr Land wieder ins Zentrum rückt, ohne die in letzter Zeit befürchteten Verwerfungen zu provozieren: Weder die für nahezu alle anderen EU- Partner unakzeptable Auflösung des Nationalstaates in Regionen, wie es die Ligen fordern, noch die großmachtlüsterne Attitüde der Neofaschisten, sondern eine moderate Verweigerungs- und Abstandshaltung mit dem – wiederum ganz unternehmerisch angesteuerten – ständigem Hinweis auf die Unentbehrlichkeit einer verläßlichen Südflanke soll einen neuen Umgang Brüssels mit Italien herbeiführen.

Ein Erfolgsrezept, wie man sieht: In weniger als drei Monaten hat Berlusconi seine Wählerschaft veranderthalbfacht.

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