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Gesucht: Eine Fraktion für Berlusconi

■ Europas Volksparteien und ihre „italienischen Freunde“

Brüssel (taz) – Leo Tindemans, bisher Fraktionschef der europäischen Volksparteien im Straßburger Parlament, gibt sich gerne entschlossen: „Keine Zusammenarbeit mit den Neofaschisten“, wiederholt er immer wieder. Allerdings, schränkt er ein, müsse man in Italien genauer hinsehen: „Wir werden unsere italienischen Freunde fragen, wer auf dem Boden der Demokratie steht und wer nicht.“

Mit den italienischen Freunden meint Tindemans vor allem die Abgeordneten der früheren Democrazia Cristiana, die entweder über die Nachfolgepartei Partito Populare oder über Silvio Berlusconis Liste Forza Italia wieder ins Europaparlament einziehen werden. Diese Freunde werden auch künftig der Fraktion der Europäischen Volksparteien (EVP) angehören. Bisher waren die Volksparteien zweitstärkste Fraktion hinter jener der Sozialisten. Nach den Wahlen vom Sonntag könnten die Konservativen die Sozialisten noch überholen.

Sicher ist das aber noch nicht. Denn die Verhandlungen darüber, welche Parteien aus den 12 EU- Staaten sich zu welchen Fraktionen zusammenraufen, gehen jetzt erst richtig los. Aus den bisher neun Fraktionen könnten leicht mehr werden, weil die Wähler vor allem auf der rechten Seite sehr unterschiedliche Parteien ins Parlament geschickt haben.

Besonders delikat für die bisher christdemokratisch dominierten Volksparteien ist der Umgang mit der größten italienischen Regierungspartei. Zum einen, weil sie nach Ansicht von Tindemans nur schwer einzuordnen ist, zum anderen, weil die Berlusconis zwar nicht selbst faschistisch sind, aber doch den strengen Geruch der neofaschistischen Koalitionspartner mit sich herumschleppen. Gleichzeitig aber ist die Forza Italia heute unbestritten die größte konservative Kraft in Italien, die man nicht so einfach ausschließen will, zumal man sie braucht, um die EVP zu stärken. Denn die Fraktionen bekommen für ihre Parlamentsarbeit umso mehr Mittel zugeteilt, je größer die Fraktion ist und je mehr Sprachen in ihr vertreten sind.

Die ehemaligen Christdemokraten, die zu Berlusconis Liste gewechselt sind, gelten nach Tindemans von vorneherein als fraktionsfähig. Es ist aber kaum anzunehmen, daß diese bewährten Demokraten ihren neuen Parteifreunden den geforderten Persilschein verweigern.

Es ist im Europaparlament – vor allem bei rechtslastigen Gruppen – durchaus üblich, daß Abgeordnete ein und derselben nationalen Partei in unterschiedlichen Fraktionen unterkommen. Die deutschen Republikaner beispielsweise hatten sich bald so zerstritten, daß sie sich aus verschiedenen Lagern angeiferten. Und auch von Berlusconis Forza Italia ist bereits einer der Abgeordneten bei den Liberalen untergekommen.

Allerdings tönte Berlusconis Sprecher schon, er habe feste Zusagen aus der Fraktion der Volksparteien, die im Oktober eingelöst werden sollen. Bis Oktober, also bis zur Bundestagswahl, soll offensichtlich eine Schamfrist gewahrt werden, weil die deutschen Wähler es vielleicht falsch verstehen könnten, wenn die Kohl-Partei auf Europaebene mit den Steigbügelhaltern der italienischen Neofaschisten zusammenarbeitet. Alois Berger

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