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Bewegender Mann

■ Bernd Eichinger produziert Deutschlands erste Homo-Kinokomödie - Drehbuch: Comic-Queen Ralf König

Daß aus einem Comic ein Realfilm wird, ist inzwischen schon nichts Besonderes mehr. Ob „Batman“, „Dick Tracy“ oder – demnächst in unseren Kinos – „Die Feuersteins“ und „The Shadow“: Der Weg von der Zeichnung zur Figur aus Fleisch und Blut ist recht kurz.

Warum sollte ein erfolgreicher Comic auf der Leinwand nicht auch erfolgreich sein?

Genau so dachte Sönke Wortmann. Und arbeitete bereits während des Studiums an der Filmhochschule am Projekt „Der bewegte Mann“, der Verfilmung der wahrscheinlich erfolgreichsten Comics von Ralf König, „Der bewegte Mann“ und „Preddy Baby“. Damals aber wollte ein Produzent für so etwas das Scheckheft nicht zücken. Für eine Geschichte zweier Schwuler, die einem strohdoofen, affengeilen Hetero nachsteigen und damit massenweise Beziehungskatastrophen und Verwechslungen auslösen, die schließlich in der grandiosen Szene einer Frühgeburt enden, für solch eine Geschichte rannten 1989 deutsche Filmproduzenten nicht automatisch einem Drehbuchautor die Türe ein.

1994 ist alles ganz anders. Jetzt soll mit Königs Stoff nicht nur die deutsche Komödie gerettet, sondern zugleich der erste deutsche Mainstream-Schwulenfilm gedreht werden. Sönke Wortmann gilt nach „Kleine Haie“ und „Allein unter Frauen“ als die große Hoffnung des deutschen anspruchsvollen, kommerziell erfolgreichen Kinos. Ralf König ist das gekrönte Haupt des deutschen Comics, dessen Geschichten aus dem ganz gewöhnlichen Alltag der Schwulen längst in sechs Sprachen übersetzt und hierzulande unangefochtene Bestseller sind.

Der Schwule ist auf der Bühne und der Kinoleinwnad gesellschaftsfähig geworden – wenn man über ihn lachen darf. 3,7 Millionen Mark macht Produzent Bernd Eichinger („Das Geisterhaus“) für die schwule Komödie locker. Nicht etwa, weil er ein Herz für Homos hat. Eichinger: „Ich will mit dem Film Geld machen.“

Sönke Wortmann dagegen hat noch andere Beweggründe. Für die Schwulen seien die Zeiten schlechter geworden, und mit seinem „Bewegten Mann“ könne man für Toleranz werben. Damit nichts schiefgeht, hat sich Wortmann von Ralf König durch Kölner Schwulenkneipen schleppen lassen. Und König hat sein Auge sowohl aufs Drehbuch geworfen als auch bei den Dreharbeiten immer wieder mal korrigierend eingegriffen.

Denn eine große Gefahr besteht: Ralf Königs besonderer Witz liegt in der Selbstironie der Schwulen. Wenn König böse, überspitzt und spöttisch die Eigenheiten der Schwulen beschreibt, ist dies immer auch liebevoll bösartig. Wenn nun aber ein heterosexueller Stab mit heterosexuellen Darstellern in homosexuellen Rollen schwulen Witz auf die Leinwand zaubern sollen, könnte eine Karikaturenansammlung à la „Ein Käfig voller Narren“ herauskommen.

Noch laufen die Dreharbeiten in Köln, aber die Werbemaschine wird bald schon angeworfen werden. Schließlich soll dieser deutschen Homo-Komödie im Glücksfalle in Sachen Einspielergebnis der Anschluß an die Loriot- und Otto-Filme gelingen.

Die Plakate sind schon gedruckt, und am 13. Oktober wird der Film mit rund zweihundert Kopien in die Kinos kommen. Die Stabliste liest sich wie ein Who's who des deutschen Films. Es spielen unter anderen mit: Til Schweiger („Manta Manta“), Jo Zenker („Lindenstraße“), Katja Riemann („Abgeschminkt“), Joachim Król („Tödliche Maria“, „Wir können auch anders“) und Rufus Beck („Kleine Haie“).

Axel Schock

Eine Reportage über die Dreharbeiten von „Der bewegte Mann“ erscheint in der Juli-Ausgabe von „magnus – das schwule Magazin“

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