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Weltweit erster Ozonversuch in Heilbronn

■ Vier Tage Fahrverbot für Autos ohne Kat / Auch Industrie muß drosseln

Stuttgart/Neckarsulm (dpa) – Der weltweit erste Ozonversuch wird morgen in Heilbronn und Neckarsulm gestartet. Mit dem viertägigen Test soll untersucht werden, wie Ozonkonzentrationen bei sommerlichen Hochdruckwetterlagen reduziert werden können, wenn Autofahrer und Industrie mitspielen. Geplant wird der Versuch seit Frühjahr 1993 vom baden-württembergischen Umweltministerium. Nach sieben vergeblichen Anläufen seien die Bedingungen dafür jetzt günstig, so ein Ministeriumssprecher gestern. Für das Wochenende wird hochsommerliches Wetter vorhergesagt.

Während des Versuchs dürfen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – im Versuchsgebiet lediglich Autos mit geregeltem Dreiwegekatalysator und schadstoffarme Dieselfahrzeuge fahren. „Dreckschleudern“ – im Testgebiet Heilbronn/Neckarsulm 60 Prozent der zugelassenen Fahrzeuge – sind so von der Straße verbannt. Auf der Autobahn um Heilbronn gilt strikt „Tempo 60“. Die vier Hauptverursacher der industriellen Kohlenwasserstoffe und Stickoxide in der Region darunter Audi und die Energieversorgung Schwaben (EVS) drosseln ihre Produktion. Die in Auto- und Industrieabgasen enthaltenen Kohlenwasserstoffe und Stickoxide gelten als „Vorläufersubstanzen“ des bodennahen Ozons. Das Ozon entsteht dann bei direkter Sonneneinstrahlung. Schönes Wetter ist also notwendig für den Versuch. Nach Angaben des Stuttgarter Umweltministeriums sind heute und morgen Temperaturen zu erwarten, die zumindest den sogenannten acht-Stunden-Mittelwert von 110 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft überschreiten lassen werden.

1993 überschritt der Ozonwert in Baden-Württemberg an 69 Tagen sogar die magischen 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – älteren und ozonsensiblen Menschen wird dann geraten, körperliche Anstrengungen im Freien zu vermeiden. 1992 waren es noch mehr: 84 Tage.

Streit hatte es um die Terminierung nicht nur wegen des Wetters, sondern auch wegen unterschiedlicher Interessen von Industrie und Handel gegeben. Die Industrie setzte sich dafür ein, daß die Versuchstage zum Ende und nicht zu Beginn der Woche angesetzt wurden. „Der Auslauf einer Produktion läßt sich besser beeinflussen als der Anlauf“, so Bernd Martin, zuständig für den Umweltschutz bei Audi. Die Einzelhändler dagegen liebäugelten mit dem Wochenbeginn. Sie fürchteten, die Samstagskundschaft ohne Katalysatorauto könnte ihre Einkäufe in Nachbarstädten erledigen.

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