: NPD-Chef wegen Auschwitz- Lüge erneut vor Gericht
■ Landgericht prüft Volksverhetzung
Mannheim (taz) – „Ich pflege immer Holo zu sagen.“ Der NPD-Chef Günter Deckert ist vor dem Mannheimer Landgericht in seinem Element. Richter Wolfgang Müller von der 6. Strafkammer setzt dem Redefluß des 54jährigen keine Grenzen, schließlich will er keine Angriffsfläche für eine erneute Revision bieten. Deckert war bereits einmal unter anderem wegen Leugnung des Holocaust zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Der NPD-Chef hatte, so das Mannheimer Landgericht damals, sich der Volksverhetzung schuldig gemacht, als er bei einer Veranstaltung in Weinheim einen Vortrag des notorischen Auschwitz-Leugners Fred Leuchter übersetzt und kommentiert hatte.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im März dieses Jahres für große Empörung gesorgt, als er das Urteil gegen Deckert aufhob. Das Landgericht habe, so die Karlsruher Richter, nicht genügend dargelegt, wodurch Deckert den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt hat. Die bloße Leugnung des Holocaust reiche dazu nicht aus. Vielmehr müsse nachgewiesen werden, daß Deckert sich mit der Nazi-Ideologie auch identifiziert habe. Genau das versucht jetzt Staatsanwalt Hans-Heiko Klein im zweiten Anlauf in Mannheim, der unter starken Sicherheitsvorkehrungen gestern begann. Als Grundlage der Beweisführung dient ein dreistündiges Videoband der Weinheimer Veranstaltung. Darin wird deutlich, daß Leuchter unter zustimmendem Gelächter und großem Beifall behauptet hatte, daß es in „Auschwitz keine Gaskammern gegeben“ habe. Deckert übersetzte dies, kommentierte aber sehr sparsam. Statt von Holocaust sprach er vom „Holo“, Deckert fügte Exkurse über den „Oberbüßer von Weizsäcker“ ein und lobte Leuchter für dessen „Mut“.
Die Auswertung der sich an den Leuchter-Vortrag anschließenden Diskussion unter Deckerts Leitung scheiterte teilweise an der schlechten Tonqualität des Videos. Das Urteil wird voraussichtlich heute gesprochen. Deckert ist bei den baden-württembergischen Kommunalwahlen vor zehn Tagen mit 7,3 Prozent in den Weinheimer Gemeinderat wiedergewählt worden. Bs Seite 4
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen