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FDP – die Pannentruppe

■ Bangen vor der Wahl am Sonntag

Magdeburg (taz)– Für die Liberalen ist Sachsen-Anhalt die Hochburg schlechthin. 1990 waren die Wahlergebnisse zweistellig. Ursache des Erfolgs: Hans-Dietrich Genscher, der gebürtige Hallenser, der seinerzeit als Noch-Außenminister zahlreiche internationale Staatsgäste an die Saale gezerrt hatte. Aber ausgerechnet in Genscher's own Country schloß der Wahlleiter jetzt sechs liberale Direktkandidaten von der Landtagswahl am Sonntag aus. Die FDP hatte ihre Kandidaten auf einer Kreisdelegiertenversammlung en bloc gekürt. Das Wahlgesetz jedoch schreibt die Nominierung durch Mitglieder- oder Delegiertenversammlungen auf Wahlkreisebene zwingend vor. Auch die eilig vorgetragene Beschwerde beim Landeswahllausschuß nutzte nichts. Die Klage wurde abgewiesen.

So wird für den scheidenden Wissenschaftsminister des Landes, Rolf Frick, auch das letzte Hintertürchen für eine Rückkehr in die Landespolitik zugeschlagen. Er wollte sich in einem Hallenser Wahlkreis um das Direktmandat bewerben. Doch wer nicht antreten darf, der darf auch nicht gewählt werden.

Was der Ehrenvorsitzende der FDP, Hans-Dietrich Genscher, zu dem kleinen Formfehler mit der großen Wirkung gesagt hat, bleibt Geheimnis der Partei. „Das können wir auf keinen Fall pressefrei geben“, hieß es. Druckreif war es wohl auch nicht. Pech hat auch der FDP-Landesvorsitzende Peter Kunert. Auch er wollte als Direktkandidat zur Landtagswahl antreten. Aber sein Kreisvorstand verpennte die Anmeldefrist. Dem umtriebigen Landesvorsitzenden, der während der Gehälteraffäre fast die christlich-liberale Koalition im Magdeburger Landtag hätten platzen lassen, bleibt jetzt immerhin die Hoffnung, daß die FDP die Fünf-Prozent-Hürde überspringt. Als Spitzenkandidat käme Kunert dann doch noch zu einem Mandat.

Berufsoptimistisch sagt Kunert seinen Liberalen trotz des teilweise verheerenden Abschneidens bei den Kommunal- und Europawahlen ein zweistelliges Ergebnis bei der Landtagswahl voraus, Regierungsbeteiligung inklusive. Doch selbst in ihrer Hochburg Sachsen- Anhalt kam die FDP bei den Kommunalwahlen nur auf landesweit 7,9 Prozent. Bei der Europawahl blieb sie sogar unter fünf.

Im Endspurt des Landtagswahlkampfes setzt die FDP deshalb voll auf den Mann mit den großen Ohren. Der Ex-Außenminister auf allen Plakaten soll das Ruder noch einmal herumreißen. „Mit Hans- Dietrich Genscher in den Landtag“ buhlt ein blaugelbes Plakat von allen Laternenmasten um die Zweitstimmen der Wähler im Land. Dabei steht der Ehrenvorsitzende der Bundes-Liberalen gar nicht auf der Kandidatenliste. Vortäuschung falscher Tatsachen nennt so etwas der Juristenmund. Aber gerade in Wahlkampfzeiten ist dieses Delikt wohl kaum justitiabel. Eberhard Löblich

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