piwik no script img

Der Süden an die Macht!

■ Nach dem 3:2 gegen Südkorea sind Konsequenzen nötig: Nur die kleindeutsche Lösung kann Hilfe bringen!

Königsbronn/Alb (taz) – Ach, ist das billig. Wie sie nun wieder schimpfen! Auf die deutsche Nationalmannschaft! Auf den greulichen Wackelsieg gegen Südkorea! Was für ein Gewürge! Wie peinlich, peinlich!

Sie haben ja alle recht, die notorischen Spötter und Besserwisser. Höhnt Kalli Feldkamp über Thomas Berthold: „ein Besenstil“. Jault Bild: „Schämt euch für diesen Sieg.“ Urteilt der Mime Bernhard Minetti: „ein unerquickliches Schauspiel.“ Mimoseln die Spieler: „Keine Kraft. Warum? Ich bin kein Wissenschaftler“ (Berthold). Alles klar, aber: Wo bleibt das Positive? Wie raus aus dem Schlamassel? Großes Schweigen, Ratlosigkeit allenthalben. – Nur ein mattes „Matthäus ins Mittelfeld“ vom greisen Willi Daume. Deshalb also für heute und für die Zukunft von hier aus der Vorschlag: Kleindeutsch heißt die Lösung. Denn wer, bitteschön, macht die Tore in diesem furchtbaren Team (Lösung: ein schwäbischer Bäckergesell', bis dato vier; schon 24 in 63 Länderspielen)? Wer, bitteschön, sind denn die „Leistungsträger“ (Kicker)? Wer hat den Erfolg am Montag ermöglicht? Klinsmann (ein Schwabe, 2 Tore); Buchwald (ein Schwabe) schlenzt den Ball an den Pfosten für Riedle (ein Schwabe), der alles klar macht. Riedle, zugegeben, kickt schwach, recht dürftig, aber faktisch 1-A- Klasse im Vergleich zu, wollen's mal so sagen: Möller, Brehme.

Machen wir uns nichts vor: Harte Zeiten erfordern unkonventionelle Maßnahmen: Nur eine Baden-Württembergisch-Bayerische Allianz kann diesen Fußball noch retten. Alle Macht kommt aus dem Süden! So war es doch schon mal, '74 bei der WM, die ruhmreiche Achse Maier-Beckenbauer-Hoeneß. Also: Langfristig muß die Elf von „Berti Furz“ (Barbara, 4 Jahre) um die Kreativspieler des SC Freiburg geformt werden. Jetzt aber, als Sofortmaßnahme, kann die Order nur lauten: Kahn kommt ins Tor, Gaudino ins Mittelfeld, „Diego“ Buchwald, der „Schwaben-Maradona“ (Schwäbisches Tagblatt) bekommt alle Freiheiten („Das Laufen macht mir nichts aus“), mit Klinsmann vorne, von Newsweek gerade „explosive striker“ getauft, fallen dann Tore „wie beim Brezelbacken“ (Volksmund). Hinten beseitigt Lothar Matthäus (Franke) „die Unordnung“ (Vogts), was gegen Südkorea nicht gelang, weil: „Das Blut ist aus meinem Schuh geschwappt.“ (Kleines Bulletin von Prof. Kindermann: „Die Wunde wurde nicht genäht, um die Heilung zu Beschleunigen.“ Lothar M.: „Samstag im Achtelfinale bin ich dabei.“) Des weiteren wird Matthias Sammer (Mann einer Schwäbin), wie er selbst glaubt, „im Mittelfeld die Mitte schließen“. Von ihm ist im US-Hitzekessel noch Großes zu erwarten, weil ihm hohe Temperaturen „das Gehirn abschalten“ (Sammer) – und hat nicht schon Gerd Müller gewußt: „Ein Spieler, der denkt, trifft nicht!“

Und nach der WM geht es richtig los. Der Älbler Karl Allgöwer, stets unterschätzt, löst den Bundestrainer ab, dafür sorgt der neue DFB-Präsident Gerhard Mayer- Vorfelder. Der hat sowieso alles, was der deutsche Fußball braucht: trinkfest, lacht gern, populistisch, stock-konservativ und versteht was vom Geld. Wenn's sein muß (siehe Lotto-Skandal in Stuttgart) macht er den DFB zum Spielkasino. Man sieht's doch schon jetzt – ist doch eh alles Roulett.

PS: Wer äußerte gestern harte Kapitalismuskritik: „Was sollen die Spiele in der prallen Hitze – damit die Übertragungsrechte so gestaltet sind, daß in Europa abends schön Fernsehen geschaut werden kann.“ Ja, ja, der Klinsi. Arno Luik

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen