: In den Fängen des Verfassungsschutzes
■ Dem geplatzten Anwerbungsversuch eines Studenten durch den VS ging die Weitergabe von Daten durch die Polizei voraus
Wessen Personalien von der Polizei im Zusammenhang mit Antifa-Flugblättern festgestellt werden, der muß in Berlin offenbar damit rechnen, in die Fänge des Verfassungsschutzes zu geraten. Dies geht aus zwei der taz vorliegenden Schreiben der Polizei und des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) an die Eltern von Peter Z. (Name geändert) hervor, der im April dieses Jahres einen Anwerbeversuch des Verfassungsschutzes zusammen mit der taz öffentlich gemacht hatte.
Die Personalien des 20jährigen Studenten waren, wie berichtet, am 3. Oktober 1992 von der Polizei festgestellt worden, als Peter Z. in Hohenschönhausen an einer Fahrwache zum Schutz des dortigen Ausländerwohnheims teilgenommen hatte. Im Kofferraum des Fahrzeugs wurden damals unter anderem Flugblätter der „Edelweißpiraten“ gefunden, einer Antifa-Jugendgruppe, die beim Verfassungsschutz als „linksextremistisch zu qualifizierende Gruppierung“ gilt. Für die Polizei war das offenbar Anlaß genug, den Vorfall an das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) zu melden. Begründung: Anzahl und Inhalt der Druckwerke ließen den Schluß zu, daß diese „nicht der Befriedung eines individuellen Informationsbedürfnisses dienten, sondern zur Verbreitung bestimmt waren“. Dies begründe, so das Landeskriminalamt (LKA), den Verdacht, daß sie (die Insassen des Fahrzeugs, d. Red.) mit einer Organisation in Verbindung stehen, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt.
Was also liegt näher, mochten sich daraufhin die derart ins Licht gesetzten Schlapphüte gedacht haben, als Peter Z. als Informanten zu gewinnen. Am 25. April besuchte ein Mitarbeiter des LfV Peter Z. in der Wohnung seiner Eltern, die zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause waren, und bot ihm unter Hinweis auf seine „Festnahme“ in Hohenschönhausen an, für den Verfassungsschutz Informationen über Antifa-Strukturen, die 1.-Mai-Vorbereitung und einen angeblichen RAF-Sympathisanten am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin zu sammeln. Seinen Eltern gegenüber, wurde ausdrücklich mitgeteilt, sollte er Stillschweigen bewahren.
Doch Peter Z. schwieg nicht still, und auch seine Eltern protestierten beim Innensenator, Polizeipräsidenten und Verfassungsschutz gegen den Anwerbeversuch und drohten den Verfassungsschützern, sollten sie die Wohnung noch einmal betreten, mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Doch statt sich bei den Eltern zu entschuldigten, antwortete das LfV jetzt mit einem lauen Dementi: „Die Behauptung, daß unser Mitarbeiter ihrem Sohn mehrfach nahegelegt habe, Sie nicht über den Anwerbungsversuch zu unterrichten, ist unrichtig. Ihrem Sohn wurde lediglich erläutert, daß es (für den Fall einer künftigen Zusammenarbeit) aus Gründen der persönlichen Sicherheit sinnvoll wäre, über die Tatsache des Gesprächs Stillschweigen zu bewahren.“ Der Anwerbeversuch wurde vom Chef des LfV, Hein Annußek, einmal mehr damit verteidigt, daß die „zahlreichen Druckwerke aus der linksextremistischen Antifa- Bewegung“ Anhaltspunkte für den Verdacht ergeben hätten, daß die Insassen des Fahrzeugs Angehörige militanter linksextremistischer Antifa-Gruppen sein könnten. Zumindest hätte dies die Annahme rechtfertigt, „daß die Insassen des Fahrzeuges in der Lage sind, Auskünfte zur militanten Antifa-Bewegung zu erteilen“.
Die umstrittene Datenweitergabe beschäftigt nun den Berliner Datenschutzbeauftragten. Uwe Rada
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