: Einigkeit über den Müllbergen
Bundesrat verabschiedet Abfallgesetz und Baseler Konvention gegen Müllexporte / Umweltschützer: Keine klare Priorität für Müllvermeidung ■ Von Nicola Liebert
Berlin (taz) – Immer wieder ließ die SPD Bundesumweltminister Töpfer mit seinem neuen Abfallgesetz auflaufen. Gestern hat der Bundesrat nun doch dem Kompromißvorschlag des Vermittlungsausschusses für ein Kreislaufwirtschaftsgesetz zugestimmt. Das neue Gesetz, das 1996 wirksam werden soll, räumt offiziell der Abfallvermeidung Vorrang vor der Verwertung beziehungsweise Verbrennung und der Beseitigung ein. Der Bundestag hat dem Vermittlungsergebnis bereits zugestimmt.
Mit fünfjähriger Verspätung wurde auch die Baseler Konvention gegen Müllexporte von 1989 in deutsches Recht umgesetzt. Das Gesetz sieht unter anderem einen von der Entsorgungswirtschaft zu finanzierenden Haftungsfonds vor, aus dem Rücktransporte von Giftmüllexporten finanziert werden können. Abfallexporte zur Beseitigung (nicht zur Verwertung) außerhalb der Europäischen Union werden verboten.
Aus SPD-Sicht wurden wesentliche Verbesserungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes durchgesetzt. Zum Beispiel darf nun nur Müll mit einem Mindestheizwert von 11.000 Kilojoule pro Kilogramm verbrannt werden und nur in Anlagen mit einem Wirkunsgrad von mindestens 75 Prozent. Bundesumweltminister Töpfer vereinnahmte die Opposition gleich gänzlich: „Ich freue mich, daß die SPD sich der Konzeption des Regierungsentwurfs angeschlossen hat.“
Noch vor kurzem hatte die SPD protestiert, das Gesetz erleichtere die Verbrennung von Müll. Stoffliches und energetisches Recycling (vulgo: Verbrennung) werden grundsätzlich gleichgestellt, wodurch die „Tür für Müllöfen weit geöffnet“ werde, so die SPD-Bundestagsabgeordnete Liesel Hartenstein im April. Daran hat sich nichts geändert. Auch wenn das Gesetz vorschreibt, Abfälle seien in erster Linie zu vermeiden, insbesondere durch Verminderung ihrer Menge und Schädlichkeit. BUND-Abfallexperte Andreas Golding weist darauf hin, daß sich die Menge der Abfälle auch durch Verbrennung vermindern lasse. Die Regelungen und Einschränkungen für die Verbrennung seien so kompliziert und verklausuliert, daß sie in der Praxis womöglich wenig Geltung hätten; „das macht die Sache so gefährlich“.
Eine wirkliche Müllvermeidung müsse laut Golding schon bei der Produktion ansetzen. Die Verantwortung der Produzenten, Abfälle zu vermeiden und Produkte so herzustellen, daß später eine umweltverträgliche Entsorgung oder Verwertung möglich ist, bleibt eine unverbindliche Aufforderung. Eine echte Abfallvermeidung, wie sie eine Mehrwegverordnung darstellen würde, ist in dem Paragraphenwerk nicht vorgesehen.
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