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■ Bill Clinton besucht BerlinBeginn von Normalität

Kurz nach Kriegsende 1945 besuchte US-Präsident Truman die damals völlig zerstörte, aber noch ungeteilte Stadt. In gewisser Weise schließt sich erst jetzt mit Clintons Besuch der Bogen. Wahr ist, daß nur die Entschlossenheit der Alliierten in der Blockade die Existenz Berlins sicherte. Nach dem Mauerbau war das schon längst nicht mehr so eindeutig, trotz der drohenden Panzerrohre am Checkpoint Charlie. Und der strahlende Präsident Kennedy, der gleichzeitig die USA auf den Weg in den totalen Vietnamkrieg brachte und der CIA den Befehl zur Ermordung Castros gab, hat in Berlin nicht die Demokratie verteidigt, sondern die amerikanische Interessensphäre. Berlin jubelte dennoch, weil es jubeln wollte in einem Akt der Selbstsuggestion von Sicherheit.

Die eiserne Hand der Amerikaner als wichtigstem Partner unter den Alliierten spürte dagegen die Regierung der besonderen politischen Einheit West-Berlin täglich: Die Amerikaner griffen rigoros ein, wenn es ihren Wünschen entsprach, und wiesen auch die Polizei in enge Schranken. Ein Schlaglicht auf damalige Verhältnisse werfen die Aufzeichnungen des Mitte der achtziger Jahre zeitweilig zu einem Luftpiraten-Prozeß nach Berlin abkommandierten US- Richters Stern. Ihn erinnerte die Einschränkung einer eigenständigen Berliner Rechtsprechung an koloniale Verhältnisse. Nicht eine irgendwie geartete Sympathie für die gräßlichen SED-Preußen, sondern die über Jahrzehnte erlebte Schere zwischen den in Berlin beschworenen amerikanischen Idealen und der praktizierten Machtpolitik haben das besondere Verhältnis zu US-Präsidenten geprägt. Reagan, der Mörder von Grenada, Waffendealer für die nicaraguanischen Contras und unermüdlicher Kämpfer gegen das rote Imperium, fand deshalb in Berlin seinen gebührenden Empfang. Normalität kann es erst jetzt nach dem Ende der Besatzungszeit geben. „Berlin ist frei, alles ist möglich“, sagte Clinton – so frei, auch einen US-Präsidenten als normalen Staatsgast zu sehen, den man bejubeln, aber auch ignorieren kann. Am wichtigsten bleiben nicht Clintons Worte, sondern seine Taten. Der Präsident hat sich als Vertreter der demokratischen US-Tradition nicht einbinden lassen in einen Besuch der Neuen Wache, dem von Kohl gewünschten Berliner Bitburg, sondern setzte mit dem Besuch der Synagoge ein Zeichen: Ein Vergessen gibt es nicht, und Deutschland wird weiterhin am Umgang mit der Vergangenheit gemessen. Das ist ein guter Anfang. Gerd Nowakowski

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