: Pro bono: Hamburger Universität unter der Effizienz-Lupe
■ Unternehmensberatung soll für Durchblick und Effizienz sorgen / Erster Erfolg: Rezepte gibt's umsonst
Das Rezept ist so neu nicht, aber derzeit in den Hamburger Behörden und Organisationen äußerst beliebt: Man nehme eine Unternehmensberatung, lasse sie – natürlich unter Beteiligung der Mitarbeiter – den Laden durchforsten und einen Plan schmieden, wie man effizienter, transparenter und natürlich kostengünstiger arbeiten könnte. Das Ganze möglichst exemplarisch, soll heißen: nicht der gesamte Laden kommt unter die Beratungslupe, sondern nur ausgewählte Abteilungen.
Neuester Teilnehmer an diesem Planspiel: Die Hamburger Uni, in der ab September die Herren der Boston Consulting Group (BCG) „in drei ausgewählten Fachbereichen untersuchen, wie Kosten-Leistungs-Relationen transparent gemacht werden können und auf ihrer Grundlage ein möglichst effizienter Mitteleinsatz erfolgen kann“. Für den von erheblichen Einspar-Sorgen geplagten Uni-Präsidenten Jürgen Lüthje besonders erfreulich: BCG durchforstet die Fachbereiche Chemie, Philosophie und Sozialwissenschaften sowie Informatik umsonst. Das Unternehmen, dessen Hamburger Büro vor einer Woche eröffnet wurde, möchte mit diesem „Pro-bono-Projekt“ beweisen, daß es nicht nur an seinem Umsatz, sondern auch an seinem jüngsten Filialstandort Hamburg interessiert ist.
Das Angebot der BCG, die auch schon die US-amerikanische Renommier-Universität Harvard beraten hat, kommt für die Hamburger Hochschule zum richtigen Zeitpunkt. Ab 1996 soll, so die Bürgerschaft ihre Zustimmung gibt, die Uni dem Beispiel der Harburger TU folgen und ihren Etat der Hochschule (Volumen derzeit 450 Millionen Mark) neu strukturieren. Ziele dann, wie könnte es anders sein: mehr Flexibilität, mehr Transparenz, mehr Eigenverantwortung. Zu erreichen durch die sogenannte „Teilglobalisierung des Haushalts“, womit wir beim nächsten, in dieser Zeit hochmodernen Verwaltungsstichwort wären: Stark vereinfacht bedeutet das, daß künftig die Bürgerschaft der Uni (oder auch einer Behörde) nicht mehr x Mark Telefonkosten, y Mark für den Telefonisten und z Mark für den Kauf eines neuen Telefons bewilligt, sondern q Mark für den Bereich Telekommunikation. Wie dieser Betrag aufgeteilt wird, soll dann Sache der Universität sein.
Kein Wunder also, daß Hochschul-Chef Lüthje gestern hocherfreut war, daß sich durch das Angebot der BCG „die singuläre Chance“ ergebe, „sich frühzeitig und mit eigenem Gestaltungswillen auf einen kommenden Prozeß einzustellen“. Im Dezember sollen die Ergebnisse des Projekts, an dem auch die Fachbereichs-Sprecher und je zwei Studenten mitarbeiten sollen, vorgestellt werden. uex
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