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Volxaktien zum Volxbaden

Initiative will Stadtbad Prenzlauer Berg für eine Mark kaufen und mit Anwohneraktien sanieren / Das Bad steht seit acht Jahren leer  ■ Von Uwe Rada

Das Stadtbad Oderberger Straße ist eine trockene Angelegenheit. Noch zu DDR-Zeiten wurde dem ältesten im Originalzustand erhaltenen Bad Berlins, 1902 als fünfte Volksbadeanstalt Berlins von Stadtbaurat Ludwig Hoffmann errrichtet, das Wasser abgegraben. Nun wurde es endgültig ausgetrocknet. Statt wie vorgesehen im kommenden Jahr mit der Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes zu beginnen, hat es der Senat aus der Investitionsplanung gestrichen. Zukunft ungewiß. Sparthemen sind trockene Themen.

Doch das könnte sich ändern. Statt die geplante Bäderprivatisierung aufs Korn zu nehmen, goß am Dienstag der Verein „Entweder- Oder“ Wasser auf die Mühlen von Sparsenator Elmar Pieroth (CDU). Das Bad, forderte die Initiatve Pieroth in einem Brief auf, solle verkauft werden, zum symbolischen Preis von einer Mark. Selbige wurde dem Brief in Form einer Briefmarke gleich beigelegt.

45 Millionen Mark hatte der Senat für die geplante Sanierung des Bads veranschlagt. Viel zuviel, meint Bernd Holtfreter vom Verein „Entweder-Oder“. Statt teurer Galerierestaurants und nagelneuer Sauna könne man die Einrichtungen wesentlich kostengünstiger instand setzen. Sein Vorschlag: Das geplante Heizkraftwerk der benachbarten Schule solle die Wärme auch für das Stadtbad liefern und als Betriebskosten bei den neuen Volxbademeistern in Rechnung stellen. Ebenso könnten die technischen Installationen durch private Geldgeber saniert und später als laufende Kosten oder Dienstleistungen abgerechnet werden. Holtfreter verspricht sich davon nicht nur eine drastische Senkung der Investitionskosten, sondern dem Senat auch, keinerlei investive Mittel bereitstellen zu müssen. Öffentliche Gelder, sagte Holtfreter, wolle man nur für den laufenden Unterhalt in Anspruch nehmen. Schließlich habe eine Badeanstalt eine soziale Funktion und müsse dementsprechend bezuschußt werden.

Der Finanzsenator wollte sich gestern nicht zum Privatisierungsvorschlag des Vereins äußern und verwies auf die Verhandlungen über die Bäderprivatisierung beim Schulsenator. Dort freilich sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Für den Verein „Entweder-Oder“ indes gilt es keine Zeit zu verlieren. Um private Gelder zu akquirieren, werden nunmehr „Grätenaktionen“ aufgelegt. Auf der Rückseite ist das Stadtbad zu bewundern, vorne trockene Fischgräten. Holtfreter hofft freilich, daß die Fische bald nicht mehr auf dem Trocknen schwimmen. Erhalte der Verein nicht binnen vier Wochen Antwort vom Finanzsenator, heißt es im Brief an Pieroth, gehe man davon aus, daß der Verkauf zustande gekommen sei. Holtfreter: „Dann werden wir sofort mit der Sanierung beginnen.“

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