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Diestel ist ein Reißwolf

■ Gericht: DDR-Innenminister ließ Stasi-Akten vernichten

Hamburg (dpa) – Der frühere DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel (CDU) trägt nach einem Urteil des Hamburger Landgerichts die „politische Verantwortung“ für die Vernichtung wichtiger Stasi-Akten. Eine Zivilkammer des Gerichts wies am Donnerstag zwei Klagen ab, mit denen sich Diestel gegen Vorwürfe von Journalisten zur Wehr setzen wollte, er habe zahlreiche Unterlagen aus dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zur Vernichtung freigegeben.

Mit dem Urteil sei nicht festgestellt worden, daß Diestel damit eine „aktive Beteiligung“ nachgewiesen werden könne, betonte der Vorsitzende Richter. Jedoch seien „Handlungspflichten“ verletzt worden, da Diestel damals keine Anordnungen für den Schutz der Unterlagen getroffen habe.

Die Kammer ging dabei von einem „weiten Aktenbegriff“ aus. Dazu zählten nicht nur Unterlagen der Hauptverwaltung Aufklärung, der damaligen Auslandsspionage der DDR, sondern auch „interne Vorgänge“, Formulare und sogar Essensmarken. In seinem Widerrufsbegehren versuchte sich Diestel insbesondere gegen die Behauptungen der Publizisten Johannes Gross und Henryk M. Broder zu wehren. Broder hatte in seinem jüngst erschienenen Buch „Erbarmen mit den Deutschen“ geäußert, Diestel sei für die Vernichtung eines Teils des Stasi-Materials „mitverantwortlich“.

Diestel kündigte gegen das Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Hamburg an.

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