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„Gammler“-Demo bis vor Rebers Sparkasse

„Ich habe mich immer gefragt, ob wir Bettler auch mal demonstrieren werden“, sagte gestern eine 61-jährige Frau. Doch sie verließ ihren Stammplatz vor Photo Dose in der Innenstadt. Die Empörung der 14 DemontrantInnen richtete sich gegen die Äußerungen von Sparkassendirektor Friedrich Rebers, der die „Gammler und Bettler“ am liebsten aus der Innenstadt verjagen würde. Die Obdachlosen oder ehemals Obdachlosen DemontrantInnen trugen Schilder auf denen die Worte „Bettler“, „Gammler“, „Unerwünscht“, „Mensch“ standen. Damit liefen sie von den Rathausarkaden zur Reberschen Sparkasse Am Brill. Dort ließ sich der Bettler-Gegner allerdings nicht blicken.

Vielleicht wären mehr DemontrantInnen gekommen, wenn die Heilsarmee nicht den öffentlichen Aufruf in ihren Räumen verboten hätte. Die Gründe, „auf Platte“ zu gehen, sind vielfältig. So wie Dieter Schulte ist es vielen ergangen: Er wurde vom Bauordnungsamt auf die Straße vertrieben, weil er nicht auf seiner Parzelle wohnen durfte. „Durch den Garten kam ich mit der niedrigen Rente gut über die Runden“, sagt er. Aber als Obdachloser kam er sogar wegen Schwarzfahrens in den Knast. Das Geld reichte nie für eine Fahrkarte nach Walle, um bei der „Tasse“ (Tagesaufenthalt für Menschen ohne Wohnung) einen Kaffee zu trinken. Für sieben Mal Schwarzfahren saß er dreieinhalb Monate ab. Schulte schätzt, daß es mindestens 1.500 Obdachlose im Bremer Stadtgebiet gibt. „Und es gibt auch immer mehr obdachlose Kinder in der Stadt“, sagt Dieter Schulte.

vivA / Foto: Nikolai Wolff

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