: Anton Eyerle – Händler des Todes
Weil er Waffen an den Irak lieferte, muß der Kaufbeurener hinter Gitter / Der frühere Kampfflieger will von allem nichts gewußt haben / War er auch an Iraks Atomprogramm beteiligt? ■ Von Thomas Dreger
Berlin (taz) – „Sie haben das falsche Schwein geschlachtet, Herr Oberstaatsanwalt“, beteuerte Anton Eyerle vor dem Landgericht in Augsburg. Bei irakischen Bestellungen sei ihm „nie der Gedanke gekommen, da wird was für die Rüstung gemacht“. Nach Ansicht des Gerichts lieferte der Chef der mittlerweile bankrotten „Rhein Bayern Fahrzeugbau GmbH & Co. KG“ die Waffen jedoch „wissentlich und willentlich“. Eyerles einziges Ziel sei es gewesen, Gewinn zu erzielen, „auch auf Kosten von Menschenleben“, resümierte Richter Hartmut Klotz.
UN-Inspekteure hatten nach dem Golfkrieg im Irak abschußbereite Raketen mit deutsch beschrifteten Druckschaltern entdeckt. Genau solche Schalter wurden laut Anklageschrift von Rhein-Bayern geliefert. Fahnder beschlagnahmten in Eyerles Firma, seiner Privatvilla und der Tochterfirma „Rhein- Bayern avionic Dittel GmbH“ kistenweise Beweismaterial.
Eyerle wurde auch von seiner ehemaligen Geschäftsführerin und Lebensgefährtin belastet. Der Geschäftsmann hatte sie gefeuert, weil sie angeblich Geld unterschlagen hatte. Die 45jährige bedankte sich mit der Aussage, ihr Ex-Lover sei ein „alten Nazi“, der alles unterstütze, was Israel schade. Im Dritten Reich diente Eyerle als Kampfflieger, in den 60er Jahren war er NPD-Mitglied. Während des irakisch-iranischen Kriegs nannt er Saddam Hussein ein Vorbild einer „Soldatengeneration, die bereit ist, bis zum Tod zu kämpfen“. 1991 ließ der irakische Staatschef mit Anton Eyerles Hilfe verbesserte Scud-Raketen Richtung Israel abfeuern.
Nicht geklärt wurde vor Gericht, ob Eyerle in das irakische Atomprogramm involviert ist. Der Vorwurf, Rhein-Bayern habe Antriebsteile für eine Uran-Anreicherungsanlage geliefert, wurde fallengelassen. Offene Fragen bleiben auch zu Eyerles Beteiligung an irakischen B- und C-Waffenprojekten. Für die Untersuchung der beschlagnahmten Materialien hinzugezogene Bundeswehrexperten entdeckten Beweise, daß die Allgäuer Fahrzeugbauer an der Entwicklung chemischer und bakteriologischer Sprengköpfe beteiligt waren. Auf der Hardthöhe wurde der Fund als „geheim“ eingestuft. Bereits 1988 berichtete die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ über Lieferungen mobiler Chemielabors an den Irak. Die für militärische Zwecke verwendbaren fahrbahren Meß- und Experimentierstationen waren eine Koproduktion von Rhein-Bayern und der berüchtigten „Karl Kolb GmbH“. Doch die Informationen verschwanden bei deutschen Fahndern in den Schubladen.
Eyerles Verteidigung wollte das ehemals laxe Verhältnis der Bundesregierung zu Waffendeals mit dem Irak zur Sprache bringen. Außenminister Klaus Kinkel und sein Vorgänger Hans Dietrich Genscher sollten Auskunft geben. Am 11. Juli ließ sich der irakische Geschäftsmann Abdul Dschabara vor Gericht aus. Mit „Wissen, Erlaubnis und sauberen Papieren der Bundesregierung“ habe er zwischen 1978 bis 1986 für Bagdad militärische Ausrüstungen für etwa hundert Millionen DM gekauft. Damit hatte der Iraker offenbar die Spielregeln verletzt. Weil gegen ihn ein alter Haftbefehl vorlag, wurde er festgenommen. Da Zeugen jedoch freies Geleit zugesagt worden war, mußte er laufengelassen werden.
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