piwik no script img

Welthandelsorganisation residiert künftig in Genf

■ Darf Deutschland zum Ausgleich den ersten WTO-Generalsekretär stellen?

Genf (taz) – Bonn hat den Kampf um den Sitz der neuen Welthandelsorganisation verloren. Die WTO wird zum 1. Januar 1995 ihre Arbeit am bisherigen Sitz des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (Gatt) in Genf aufnehmen. Zwar wurde die formale Entscheidung erneut bis zur konstituierenden Sitzung des WTO- Vorbereitungskomitees am morgigen Freitag verschoben. Doch bei den Beratungen im zuständigen Budget-Ausschuß gaben bis gestern 90 Prozent aller 123 künftigen WTO-Mitgliedstaaten ein deutliches Votum ab: Zwei Drittel stimmten für die Schweizer UNO- Stadt, ein Drittel für Bonn. Wirtschaftsminister Günter Rexrodt bedauerte, daß Bonn damit praktisch aus dem Rennen ist.

Bei materiell nahezu gleichwertigen Angeboten gab den Ausschlag, daß in Genf auch andere mit Handels-, Wirtschafts- und Sozialfragen befaßte internationale Institutionen ansässig sind, mit denen die WTO künftig zusammenarbeiten soll. Zu den Staaten, die sich bislang nicht entschieden haben, gehören auch die USA und Japan. Die beiden großen Wirtschaftsmächte wollen eine Festlegung bis zum Schluß vermeiden und sich auf der morgigen Sitzung des WTO-Vorbereitungsausschusses der Konsensempfehlung des Budgetausschusses anschließen, die dessen Vorsitzender, der Ungar Andras Szepesi, noch formulieren muß. Szepesi hat inzwischen den Botschaftern der Staaten, die für Bonn votiert hatten, empfohlen, Rücksprache mit ihren Regierungen zu nehmen und ihre Haltung bis morgen zu revidieren. Keine offizielle Bestätigung gab es zunächst für Informationen, wonach die Bonner Regierung möglicherweise Zusicherungen erhält, daß ein Deutscher erster WTO- Generalsekretär wird. Bislang gibt es für diesen Posten Kandidaten aus Südkorea, Brasilien und Mexiko. Andreas Zumach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen