: Neues aus englischen Clubs
■ „Sabotage“: Performing-Club-Art beim Sommertheater
Mit NVA ist nicht etwa die Nationale Volksarmee gemeint. Hinter dem Kürzel verbirgt sich die Performance-Abteilung „Nacionale Vita Activa“ der Industrie-Band Test Dept.. Um die Londoner Band Test Department war es seit dem Ende der Thatcher-Ära eher ruhig geworden, die Schotten von NVA sind allerdings kein bißchen leise. Eine abgewandelte Version ihres ersten Projekts Sabotage präsentieren die aus England und aus Schottland stammenden „Saboteure“ gemeinsam mit dem Masque Teatro aus Italien und dem Hamburger Maschinenkünstler Nicholas Baginsky zum 11. Internationalen Sommertheater Festival.
Bei seiner Uraufführung im Mai 1993 in Glasgow wirkten 80 Künstler bei der Sabotage-Performance mit, für das Hamburger Festival mußte sie auf eine „Clubversion“ mit 20 Leuten heruntergekürzt werden. In den zehn Installationen der Sabotage steht die Auseinandersetzung zwischen Körper und Geist, Musik und Maschinen im Zentrum.
Neben dem Aspekt der Körperlichkeit geht es Angus Malcolm Farquhar aus Glasgow, dem Kopf von NVA, vor allem um den kulturellen Austausch zwischen Regionen und Ländern: „Seit einigen Jahren muß man nicht mehr nach London gehen, um etwas Gutes auf die Beine zu stellen. Auch in Schottland, speziell in Glasgow, blüht Kultur, und seit Glasgow einmal Europäische Kulturhauptstadt war, wird auch Schottland ernst genommen.“ Farquhar will mit NVA aber auch ganz Europa und neue Kunst nach Schottland bringen.
Mit dem Begriff Theater hat der Schotte „ein Problem“. Sabotage ist für ihn der Versuch, Installationen und Performances von Künstlern aus verschiedenen Ländern mit englischer Club-Kultur zu vereinen. Farquhar: „Wir sind einfach ein Club. Die gibt es in England massenweise. Man zahlt viel Eintritt und außer Drogen und In-der-Ecke-hängen passiert nichts. Bei uns darf sich das Publikum nicht einfach nur hinsetzen und cool sein.“
Das Publikum ist für Sabotage – zum Beispiel für Dr. Graham Tydeman – besonders wichtig. Der praktizierende Gynäkologe und Künstler mißt mit Hilfe seiner komplizierten Maschine die körperlichen Funktionen einzelner Zuschauer und setzt die Daten in Bilder um. Als zwischenzeitliches Kontrastprogramm zur vierstündigen Vorstellung zeigt das Alabama-Kino nebenan alte und neue Videos aus der Arbeit von Test Dept..
Katharina Frier
Sabotage, heute, morgen (jeweils 24 Uhr) und Sonntag (22 Uhr), Kampnagel Halle 4
Video-Programm im Alabama-Kino parallel zu den Vorstellungen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen