: Kredite zum Erhalt der Armut
■ Nach Auffassung von Umwelt- und Dritte-Welt-Initiativen fördert die Weltbank Verelendung und Umweltzerstörung
Berlin (taz) – 50 Jahre sind genug, finden die Kritiker von IWF und Weltbank. Verelendung großer Teile der Bevölkerung in den Ländern des Südens und zunehmende Umweltzerstörung, das seien die wesentlichen Folgen der Aktivitäten der Bretton-Woods- Organisationen. Dabei sind IWF und Weltbank selbst nach ihren eigenen Kriterien nicht erfolgreich. Eine Weltbank-Untersuchung von 1992 kam zu dem Schluß, daß 37 Prozent der Projekte ein glatter Fehlschlag seien, nur 26 Prozent waren erfolgreich.
Zum Beispiel Uganda: Die britische Hilfsorganisation Oxfam berechnete, daß das von Kriegen gebeutelte Land zwischen 1993 und 1997 an den IWF 200 Millionen Dollar überweisen wird – mehr als es von dort empfängt. Ausgabenkürzungen und Handelsliberalisierung auf IWF-Geheiß halfen der Regierung in Kampala wenig, denn durch den Verfall der Kaffeepreise sanken die Exporteinnahmen beständig. Für Investitionen in andere Export-Zweige fehlt jedoch das Geld, da die wenigen Einnahmen für den Schuldendienst draufgehen. Ein Schuldenerlaß ist für die Bretton-Woods-Organisationen jedoch tabu.
Durch ständige Kritik weichgeklopft, gibt sich die Weltbank – der IWF sehr viel weniger – lernwillig. Die Auflagen für die verschuldeten Länder bleiben zwar dieselben: Der verschuldete Staat muß sparen (was er meist bei den Schwächsten der Gesellschaft tut), Zollschranken und hohe Wechselkurse zum Schutz heimischer Industrie müssen weg, dazu kommt die Privatisierung staatlicher Unternehmen. Aber nun werden oben drauf ein paar Flankierungsmaßnahmen zur Linderung der schlimmsten Armut sowie Umweltaktionspläne gepfropft. In Ägypten förderte so die Weltbank mit 130 Millionen Dollar den Tourismus. Dann legte sie fünf Millionen drauf, um die ökologischen Auswirkungen – die Zerstörung der Korallenriffe im Roten Meer – zu mildern.
Die seit 1987 aufgebaute Umweltabteilung der Weltbank hat nach wie vor so gut wie keinen Einfluß auf die Projektplanung. Die Weltbank-Beschäftigten haben weiterhin ihre Erfolge daran zu messen, wieviele Kredite sie vergeben. So bewilligte die Weltbank 1992 Kredite von 8,6 Milliarden DM für den Bau von Kohle- und Wasserkraftwerke, Stromleitungen und Kohleminen in Indien. Die Region Singrauli wurde mit dem Weltbank-Geld zu einer ökologischen Krisenregion, 300.000 Menschen wurden entwurzelt. Nun fördert die Bank auch erneuerbare Energien in Indien – mit 216 Millionen Dollar.
Immerhin kündigte Weltbank- Chef Lewis Preston an, künftig wolle die Weltbank weniger Geld ausgeben und dafür mehrauf die Effizienz achten. Den KritikerInnen sind solche Versprechen nicht genug. So fordert der Verein Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung WEED die Demokratisierung von IWF und Weltbank. An sämtlichen Planungen sollten die betroffenen Menschen beteiligt werden. Umweltschutz und Armutsbekämpfung sollten nich Anhängsel, sondern Ziel sein. Letztlich ginge es um einen „New Deal“ zwischen Nord und Süd. Entscheidende Elemente für eine solche Übereinkunft wären der Erlaß der Schulden und die Senkung der Zollbarrieren, die die Industrieländer gegen Produkte aus dem Süden errichten. Dem Weltbankkritiker Bruce Rich zufolge ließen sich allein dadurch jählich 100 Milliarden Dollar zurück in die Entwicklungsländer transferieren. Im Gegenzug, so schlägt WEED vor, sollten die Länder des Südens gewährleisten, daß Kredite für Infrastruktur, soziale Maßnahmen sowie Umweltschutz verwendet und die Menschenrechte eingehalten werden. Nicola Liebert
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