: Glaspyramide im Braunkohleloch
■ Die Niederlausitz setzt auf Tourismus
Sollte Steven Spielbergs Stern einmal sinken, hat der Starregisseur dennoch die Chance, seinen Namen für alle Zeiten verewigt zu sehen – in der Niederlausitz. Das noch ungeborene Kind einer Gruppe phantasiebegabter und zugleich engagierter Lausitzer Architekten, Künstler und Kommunalpolitiker soll dereinst, so um das Jahr 2020 herum, Spielberg-Island heißen. Wenn der potentielle Namenspatron im fernen Hollywood mitspielt. Noch hat er nach ersten Kontakten nicht zugesagt.
Vorerst besteht das kühne Projekt aus einem Nichts, das aber doch sehr real vorhanden ist: aus einem großen tiefen Loch im geschundenen Braunkohlerevier um Senftenberg. Aus dem geplanten Ilse-See, dem in einigen Jahren auslaufenden heutigen Tagebau Meuro, soll sich in Zukunft eine mächtige gläserne Pyramide erheben. Ausgangspunkt der Überlegungen war, was machen wir mit dieser geschundenen Landschaft und Region, deren Bewohnern der Bergbau keine Lebensperspektive mehr bietet? Der Tourismus muß das neue Standbein werden.
Peter Gallasch, Leiter des Amtes Am Senftenberger See in Brieske, steht hinter dem Projekt. „Hier drei Ponies, und da fünf Fahrräder zur Ausleihe, so wird das nie was“, ist er überzeugt. Die Pyramide als „Jahrhundertbauwerk“, das so noch nirgendwo steht, soll der Magnet sein, dem kargen Landstrich ein überregionales Image verschaffen und Besucherströme anziehen, hofft Gallasch. Um sie herum sollen an dem See schon vorher Hotels, Segelhafen, Einrichtungen für den Wassersport, Golfplätze sowie Freizeit- und Wohnanlagen angesiedelt werden. Aber das allein, meinen die Väter des Projekts, reiche auch nicht aus, um Investoren anzulocken.
Nach ihren bisherigen Vorstellungen soll die Pyramide eine Gesamthöhe von 80 Metern haben, davon 22 Meter über dem Wasser. Durch eine Tauchbahn, für die eine vorhandene Gleisstrecke genutzt werden könnte, würden die Besucher vom Ufer zur Pyramide gelangen. In ihr selbst soll demonstriert werden, was die Natur in Millionen Jahren erschaffen hat, und der Besucher – wie in einer modernen Arche Noah – eine erdzeitgeschichtliche Wanderung unternehmen können, die alle Sinne anspricht. Wenn die Flutung etwa im Jahr 2010 beginnt, will man aus den Fundamenten heraus sein.
Ein Senftenberger Architektenbüro hat die fachliche Betreuung des Projekts übernommen. Erste Planungsvorarbeiten sind gemacht, jetzt geht man daran, eine Dokumentation zu erstellen. Die Lausitzer Bergbau AG (Laubag) hat vage Unterstützung zugesagt. Begleitet werden die Lausitzer Enthusiasten von Peter Heck aus der Gegend um Trier. Als künftiger Geschäftsführer der beim Technologiezentrum in Schwarzheide angebundenen Gesellschaft zur Förderung von Tourismus und Landschaftsgestaltung hat er das Marketing des Projekts übernommen. „Ich bin von Hause aus Kaufmann und lasse mich nicht auf Spekulationen ein“, sagt er zuversichtlich.
Mit Vertretern mehrerer umliegender Gemeinden hat er schon gesprochen. Die Reaktionen waren abwartend bis skeptisch, aber nicht ablehnend. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat sich interessiert gezeigt, will aber erst die Dokumentation sehen, ehe Fördermittel fließen. Bundesumweltminister Klaus Töpfer („Ihre Idee ist super“) hat ähnlich reagiert. Seine Filiale in Berlin hat die Gruppe zum Weitermachen ermuntert.
„Zur Zeit schmoren wir noch im eigenen Saft“, gesteht der 43jährige parteilose Kommunalpolitiker. Was Gallasch aber am meisten verblüfft, ist, daß das Vorhaben bislang von niemandem ausgelacht wurde. Vielleicht, weil Pyramiden in der Lausitz etwas ganz und gar Ungewöhnliches auch wieder nicht sind. Im Schloßpark Branitz bei Cottbus stehen schließlich gleich zwei davon, errichtet im vorigen Jahrhundert vom legendären Fürsten Pückler-Muskau. Peter Dietrich (dpa)
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