USA erwägen Entsendung von Soldaten

■ Nach wie vor keine ausreichende Hilfe für die ruandischen Flüchtlinge in Goma / Butros Ghali sucht 425 Millionen Mark zum Einkauf von Hilfsgütern

Nachdem immer mehr Hilfsorganisationen deutlich gemacht haben, daß sie mit der sich verschlimmernden Flüchtlingskrise in Goma nicht allein fertig werden, steht nun offenbar eine internationale Hilfsaktion mit militärischer Komponente bevor. US-Präsident Bill Clinton sagte am Donnerstag, die Vereinigten Staaten seien bereit, „die Vereinten Nationen bei der Antwort auf das Cholera-Problem und der Behandlung der anderen Aspekte dieser menschlichen Katastrophe zu führen“. Er kündigte einen „praktischen Aktionsplan“ zur Unterstützung der UNO-Hilfsbemühungen an. Andere US-Politiker sprachen davon, daß bis zu 1.000 US-Soldaten in das Gebiet um Goma geschickt werden könnten, um Hilfe zu verteilen. Eine in die zairische Grenzstadt gereiste Beobachtergruppe des US-Verteidigungsministers solle am Wochenende Stellung dazu nehmen, ob neben Versorgungstruppen auch Kampfeinheiten entsandt werden sollten. Zunächst werden laut Aussagen in Washington medizinische und Versorgungseinheiten von US-Stützpunkten in Deutschland nach Zaire aufbrechen. Die Flughäfen von Goma und Bukavu sollen erweitert werden, in Uganda sollen Lager mit Hilfsgütern entstehen.

Die USA hatten bereits zugesagt, der UNO-Luftbrücke nach Goma 78 Flugzeuge zur Verfügung zu stellen. Da der Flughafen der Stadt aber nach wie vor hoffnungslos verstopft ist, wird es voraussichtlich erst heute die ersten US- amerikanischen Landungen in Goma geben. Noch immer behindern Koordinationsprobleme eine effektive Hilfsleistung. Von den am Donnerstag geplanten 16 Hilfsflügen für Goma konnte nur ein Bruchteil einfliegen. Angesichts des Chaos auf dem Flughafen und der sich ausbreitenden Cholera erklärte das Internationale Rote Kreuz gestern, eine länger anhaltende Versorgung der Flüchtlinge sei nicht möglich. „Die Situation kann auf längere Sicht nicht unter Kontrolle gebracht werden“, sagte IKRK-Sprecher Toni Burgener.

UNO-Generalsekretär Butros Ghali rief gestern die Welt auf, 274 Millionen Dollar (425 Millionen Mark) für die Flüchtlingsnothilfe bereitzustellen. „Das Unglück, das sich vor unseren Augen abspielt, betrifft unsere gemeinsame Verantwortung“, sagte er. Bereits am Mittwoch hatte das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR eine Liste mit den benötigten Sachleistungen an 20 Länder verschickt, aber keine Reaktion erhalten, was UNHCR-Sprecherin Sylvana Foa gestern in Genf zu erbitterten Reaktionen verführte. Sie appellierte an die internationale Staatengemeinschaft, Sachleistungen statt Geldspenden zu erbringen. „Wir können nicht einkaufen gehen“, sagte sie. „Gebt uns einfach die Sachen.“ An Geld fehle es nicht, sondern an Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten. Die aktuellen Anstrengungen müßten mindestens verdreifacht werden.

Nach wie vor ist es Ziel der internationalen Politik, die Flüchtlinge möglichst rasch zur Rückkehr nach Ruanda zu bewegen. Die neue ruandische Regierung wiederholte ihre Zusage, nur Verantwortliche für die Massaker der vergangenen Monate zu bestrafen. Die USA kündigten Unterstützung für die neue Regierung an und baten gleichzeitig Frankreich, sich vorerst nicht aus der französischen „Schutzzone“ im Südwesten Ruandas zurückzuziehen. Gegenwärtig haben sich nur wenige hundert der nach Zaire gegangenen Ruander auf den Rückweg gemacht. D.J.