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Der große Schulterschluß in der Außenpolitik

■ Auch die SPD billigt Adria- und Awacs-Einsätze

Bonn (taz) – Drei Monate vor der Bundestagswahl üben die Sozialdemokraten in der Außenpolitik den Schulterschluß mit der Regierung: In der gestrigen Sondersitzung des Bundestages billigten auch die meisten SPD-Abgeordneten mit den Koalitionsparteien die Auslandseinsätze der Bundeswehr in der Adria und in Awacs- Aufklärungsflugzeugen. Unter anderem gegen diese Einsätze hatten die SPD- und die FDP-Fraktion in Karlsruhe geklagt. Nur eine Minderheit der Sozialdemokraten verweigerte wie Bündnis 90/Die Grünen und PDS die Zustimmung zum Regierungsantrag.

In der von Wahlkampfeinlagen bestimmten Sitzung verzichteten die Sozialdemokraten weitgehend darauf, ihre im Vergleich zur Regierung weit restriktivere Auslegung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zu Auslandseinsätzen deutlich zu machen. Weder die Frage, ob das Urteil die Teilnahme an Einsätzen ohne UN-Oberbefehl erlaubt, noch die nach der Zulässigkeit einer deutschen Teilnahme an Nato- und WEU-Operationen ohne UN-Sicherheitsratsbeschluß wurde von der SPD thematisiert. Nach dem letzte Woche ergangenen Urteil hatten führende Sozialdemokraten darüber mit Regierungsvertretern noch heftig gestritten.

Nun bemühte sich SPD-Chef Rudolf Scharping in seiner Antwort auf die Regierungserklärung von Außenminister Klaus Kinkel (FDP) darum, unterschiedliche Schwerpunktsetzung einer SPD-Außenpolitik deutlich zu machen: Die friedliche Lösung von Konflikten und der Abbau sozialer und wirtschaftlicher Ursachen von Spannungen habe für die Sozialdemokraten Vorrang vor jedem Militäreinsatz, sagte er. Scharping erklärte, daß erst die Karlsruher Klage gegen die Regierungspolitik dem Parlament zu seinem Recht verholfen und für die Soldaten Rechtssicherheit geschaffen habe. Wichtig sei der „Konsens in Fragen der Grundorientierung der Außenpolitik“. Die Zustimmung zum Regierungsantrag, mit dem die Einsatzbefehle der deutschen Soldaten für Adria und Awacs-Flugzeuge denen anderer Nato-Soldaten angeglichen werden, nannte der SPD-Chef „die logische parlamentarische Konsequenz, die wir aus unserer Haltung ziehen“. Dem SPD-Abgeordneten Walter Kolbow blieb es vorbehalten, auch im Ton den Tenor der Regierungsparteien zu treffen: „Uns eint der Dank an die Soldaten.“ Hans Monath Seiten 2 und 10

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