piwik no script img

Alles über Eva Müller

■ Kinokom(m)ödchen „Alles auf Anfang“ jetzt neu in Bremen

Ein alter Witz über Hollywood und ein alter Film aus Hollywood haben Pate gestanden für diese deutsche Komödie: Ein einfältiges Starlet schläft ausgerechnet mit einem Drehbuchautor, um zum Film zu kommen, und in „All about Eve“ von Joseph Mankiewicz versucht eine junge Anne Baxter der schon etwas älteren Bette Davis mit allen Mitteln eine Hauptrolle wegzuschnappen.

Der Regisseur Reinhard Münster muß diese Antiquitäten aus der Filmgeschichte lange in alle Richtungen gedreht und gewendet haben, um sie dann schließlich so zu variieren und entstauben, daß neue dramaturgische Finessen und Lacher dabei herauskamen. So ist die junge Schauspielerin im Bett des Autors diesmal nicht sehr dumm, sondern sehr gerissen, und Katharina Thalbach bekommt mindestens genausoviele Nahaufnahmen, wie ihre Vorgängerin mit den unvergeßlichen Augen.

Bei einer Pointe waren sich schon bei „Alles über Eva“ die Kritiker nicht einig: Spielte Anne Baxter absichtlich so blaß, weil sie ja gerade eine untalentierte Schauspielerin verkörpern sollte, oder war ihre Besetzung einer der wenigen Fehler von Regisseur Mankiewicz. Heute ist es bei Theresa Hübchen schwer zu entscheiden, ob ihre Komik nicht eher unfreiwilliger Natur ist, denn sie spielt „das ambitionierte Mädchen“ bei Münster so richtig schön schlecht, und dies fällt um so mehr auf, weil um sie herum pausenlos große Schauspieler versuchen, einander die Schau zu stehlen. Harald Juhnke, Christiane Hörbiger und Katharina Thalbach können sich in den Paraderollen als Produzent, dessen reiche Frau und „der Star“ hemmungslos austoben, und Reinhard Münster hat ihnen dafür sogar Dialoge geschliffen, die so smart sind, daß man tatsächlich einmal in einer deutschen Komödie auf jedes Wort achtet, ohne es hinterher zu bereuen. Immer wenn Münster diese Trümpfe ausspielt, ist der Film ein uneingeschränktes Vergnügen, und auch Detlev Buck kann als Chauffeur neben den alten Profis bestehen, indem er ihre schauspielerische Technik mit seinem begnadeten Phlegma auskontert.

Wenn der Film als Ganzes dann doch eher durchwachsen wirkt, und in einigen Szenen böse abstürzt, liegt das vielleicht daran, daß Münster oft zu raffiniert sein wollte. Der Plot verzweigt sich immer komplizierter als Netz von Intrigen, bei dem kaum noch nachzuvollziehen ist, wer gerade aus welchen Gründen wen über den Tisch zieht. Bei Mankiewicz waren bei jeder Gemeinheit die Gefühle und Motivationen der Figuren deutlich spürbar – bei Münster wird das Ganze immer mehr zu einem verzwickten Planspiel, bei dem die Schlußpointe zwar überrascht, aber emotional dann doch ins Leere schießt.

Wilfried Hippen

Cinema, tägl. 21 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen