: Flotter Japaner im Hammer Park
■ Keine internationalen Leichtathletikstars beim Hamburger Abendmeeting
Obwohl er über 100 Meter nur eine halbe Sekunde langsamer ist als der Weltrekordhalter, trennen Tazui Sogimoto und Leroy Burell Welten. Der Japaner gewann am Mittwoch den Sprint beim Abendmeeting der Leichtathletik-Gemeinschaft Hammer Park (LG) und erhielt (wie jeder andere Teilnehmer auch) für die Verbesserung des Veranstaltungsrekordes 250 Mark. Burell kassiert bei internationalen Wettkämpfen alleine für das Betreten der Laufbahn bis zu 100.000 Mark. Ein fürwahr unfairer Vergleich: Das gesamte Budget der LG beträgt etwa ein Viertel dieser Summe. Und dennoch: Er macht deutlich, in welcher Größenordnung das bedeutendste norddeutsche Treffen dieser Art einzustufen ist. Antrittsprämien werden nicht gezahlt, die Veranstalter tragen nur die Kosten für Anfahrt, Unterkunft und Verpflegung.
Auch ohne finanziellen Anreiz waren bei der dreizehnten Auflage erneut 120 Athleten aus 15 Nationen dabei, unter anderen auch der einzige Hamburger EM-Teilnehmer, der 400 Meter-Läufer Helge Bormann. Vermeintlicher Topstar der Veranstaltung war jedoch Ralf Jaros, der deutsche Dreisprung-Meister. Seine Leistungen waren – einer gerade überstandenen Grippe und nicht seinem Status entsprechend – kaum der Rede wert.
Obwohl einige Athleten noch wenige Tage vor dem Meeting abgesagt hatten, ließ sich das offensichtlich unter Leichtathletik-Entzug leidende Publikum weder abschrecken, noch die Stimmung verderben. Immerhin 1.000 Unentwegte kamen ins Stadion Hammer Park – für die Leichtathletik-Provinz Hamburg ganz beachtlich. Die Fans begeisterten Veranstalter und Athleten mit rhythmischem Klatschen und anderen Bezeugungen ehrlicher Anteilnahme. Trotz der in diesem Umfang noch nie dagewesenen Resonanz blieb die eher lockere Atmosphäre des Sportfestes erhalten: Athleten erschienen nicht oder zu spät zur Siegerehrung, um sich ihre Preise wie Videokassetten oder Handtücher abzuholen.
Sportliche Höhepunkte des zweistündigen Meetings waren eine deutsche Jahresbestleistung und eine mißlungene EM-Qualifikation. Rüdiger Stenzel gelang die Bestzeit über 1.000 Meter, was als wichtiger Beitrag zum Erhalt dieser Veranstaltung gewertet werden darf. Den größten Beifall und meisten Support erhielt allerdings der Verlierer des Abends: Robert Kurnicki. Der Wattenscheider versuchte auf Biegen und Brechen die EM-Qualifikation zu erzwingen und setzte noch einen zweiten 200 Meter-Lauf an. Das Publikum wurde von der Dramatik erfaßt, doch auch die EM-reife Anfeuerung konnte Kurnickis Scheitern nicht verhindern.
Der Sprecher des Organisationskomitees konnte zwar ein positives Fazit ziehen („Wir sind zufrieden“), doch auch Markus Tischler mußte am Ende erkennen: Um in Hamburg Zuschauer zu mobilisieren, die nicht zum Zirkel der Eingeweihten gehören, bedarf es wohl doch eines Leroy Burell.
Jan Strahl
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