: Der BVG auf die Sprünge geholfen
■ RollstuhlfahrerInnen stellen BVG eine Rampe für den U-Bahnhof Zoo zur Verfügung
Eine Gruppe von zwölf RollstuhlfahrerInnen hat gestern der BVG auf die Sprünge geholfen. Gegen 11 Uhr rückten sie mit einer Rampe auf dem U-Bahnhof Zoo an und führten vor, daß für Rollstuhlfahrer der Einstieg in die U-Bahn kaum zu schaffen ist: Zwischen Bahnsteigkante und U-Bahnwagen ist eine 20 Zentimeter hohe Stufe zu überwinden. „So hoch kann niemand einen 200 Kilo schweren Elektro-Rollstuhl heben“, sagt Michael Eggert, Aktivist des Spontanzusammenschlusses „Mobilität für Behinderte“. „Was nützt mir ein Fahrstuhl am U-Bahnhof, wenn ich nicht in den Zug komme?“ fragt er sich. Er fordert, daß in den Bahnhöfen Rampen bereitgehalten werden. Im Zusammenhang mit der Leichtathletik-Weltmeisterschaft der Behinderten warf er der BVG einen „inkonsequenten Vorführeffekt“ vor. Am U-Bahnhof Ruhleben stehen für die Dauer der WM Fahrgastbetreuer mit einer Rampe bereit. „Beim Aussteigen hilft die BVG, wie man woanders überhaupt in die U-Bahn komme, muß jeder selbst sehen“, so Eggert.
Denn anders als die S-Bahn sieht sich die BVG nicht in der Lage, im täglichen Betrieb Rampen einzusetzen. „Bei den dichten Zugabständen und einem durchschnittlichen Halt von 20 bis 30 Sekunden ist das nicht möglich“, bedauert U-Bahn-Chef Klaus Lipinsky. Um die Rampen anzulegen, müßten außerdem Fahrgastbetreuer eingesetzt werden. Aber „Personal kostet Geld, und Geld haben wir nicht.“ Zu lange dauert das Anlegen der Rampe schon deshalb, weil sie nicht frei auf dem Bahnsteig herumstehen darf, sondern „gesichert“ werden muß, sprich: sie harrt im Abfertigerhäuschen ihrer Verwendung.
Erst zum Jahreswechsel 1996/97 werden auf den Linien 1 bis 4 die ersten beiden Züge der „U-Bahn- 2000“ in Betrieb genommen. Sie werden einen „nahezu niveaugleichen Einstieg“ ermöglichen, so Lipinsky. Zu 90 Prozent werde die Differenz zwischen Bahnsteig und U-Bahn nicht mehr als einen Zentimeter betragen. Im Höchstfall seien es zweieinhalb Zentimeter. Bis alle Züge auf der Linie ausgewechselt werden, wird allerdings noch geraume Zeit vergehen. Ein Jahr lang werden die beiden Züge erprobt, bevor sie in Serie gehen. Zwei Jahre dauert der Bau eines U-Bahn-Zuges ab Bestellung. Weitere behindertenfreundliche Wagen werden also erst im Jahr 2000 auf die Strecke gehen. Nach Lipinskys Berechnungen würde die komplette Ausmusterung nicht behindertengerechter Züge bis zum Jahr 2000 3,7 Milliarden Mark kosten.
Vorerst bleibt also nur die Selbsthilfe: Einer der Rollstuhlaktivisten hat seine eigene Alurampe stets griffbereit hinten am Rollstuhl montiert. Dorothee Winden
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen