: Neonazi-Aktivisten machen mobil
■ Heß-Gedenkdemos in mehreren Städten angemeldet / Bremen und Berlin sollen zum juristischen Kampfplatz werden
Bremen (taz) – Am Donnerstag lag dem Bremer Stadtamt ein besonderer Antrag vor. Markus Privenau, Kopf der kleinen Bremer Neonazi-Gemeinde, will einen Gedenkmarsch zum siebten Todestag von Rudolf Heß genehmigt haben. Und das nicht etwa für die zwei Handvoll Bremer Neonazis. Am 13. August sollen zwischen 1.000 und 2.000 AktivistInnen aus dem rechtsextremen Lager durch die Stadt marschieren. Motto: Rudolf Heß – Märtyrer des Friedens!
Bremen ist nicht die einzige Stadt, die solche Anträge jetzt prüfen muß. Hannover, Hamburg, Berlin, das fränkische Wunsiedel, wo Heß begraben liegt – in einer ganzen Reihe von Städten wollen Neonazis Gedenkmärsche organisieren. Und für vier dieser Städte hat sich die rechte Szene noch eine Besonderheit ausgedacht. Denn wenn es dazu kommen sollte, daß alle Demonstrationen verboten werden, dann sollen in diesen eine Genehmigung bis zur letzten Gerichtsinstanz durchgefochten werden. Dies kündigte gestern der Kopf der Aktion, der Hamburger Neonazi Christian Worch, gegenüber der taz an. Unter den vier für Neonazis besonders wichtigen Städten: Bremen und Berlin.
Ende Mai hatte sich das „Wunsiedel-Komitee“ erstmals aus Hamburg zu Wort gemeldet. Hinter dem Komitee steht Worch, der sich nach dem Tod von Michael Kühnen zu einer zentralen Figur in der rechtsextremen Szene entwickelt hat. In einem Rundschreiben forderte er seine „Kameradinnen und Kameraden“ zu einer „nationalen Aktionswoche“ inklusive einer „zentralen Demonstration“ auf. Damit will er an den Propagandaerfolg des vergangenen Jahres anknüpfen. Damals zogen Hunderte von Neonazis unter den Augen der Sicherheitsbehörden am Todestag von Rudolf Heß durch Fulda.
Nun rauchen beim Bremer Innensenator die Köpfe, wie die Demos verhindert werden können. Am kommenden Donnerstag wollen sie ein Ergebnis gefunden haben. Für alle Fälle drohen jetzt aber schon die rechten Aktivisten. Sollten die Aufmärsche tatsächlich verhindert werden, so Worch, „dann haben die Leute wegen des Verbots einen Aktivitätsdrang“. Die Polizei und die Justiz sollten sich deshalb zweimal überlegen, was sie tun, so großkotzig Worch. In Berlin soll rund um das Spandauer Heß-Gefängnis demonstriert, in Bremen durch das rot- grüne Ostertor marschiert werden. Daß es dort zu Krawallen kommt, scheint dem Bremer Neonazi Privenau recht zu sein: „Darauf haben wir uns vorbereitet.“ Und Christian Worch: „Es ist vollkommen egal, wo wir demonstrieren. Die militante Gegenseite würde doch auch nach Helgoland fahren.“ Jochen Grabler
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